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Kategorie: Lektüren

notizzettel :: archiv & avantgarde

… Die Ablagekur, oder: ‚Wo Es war, soll Archiv werden‘: Die historische Avantgarde im Zeitalter des Bueros – sven spieker, Trajekte 5 (2002), pp. 23-28 (pdf)
Off/On. Die Information der Avantgarde

Sven Spieker (Santa Barbara/Berlin) erlaeuterte unter dem Titel „Off/On. Die Information der Avantgarde“ Kommunikationsmodelle russischer Kuenstler und Schriftsteller nach der Oktoberrevolution. Als „Kunstingenieure“ haetten sie Elemente der modernen Informationstheorie insofern vorweggenommen, als sich ihre Modelle der (politischen) Kommunikation mit dem Problem von Kodierung/Dekodierung und nicht mit Fragen der Semantik befasst haetten. Diese Theorie gehe davon aus, dass die „semantische Botschaft“ irrelevant sei fuer die technische Uebermittlung. Dementsprechend sei die Astethik dieser Avantgarde eine Aesthetik der Information und Funktion und nicht etwa eine der Erzaehlung oder des narrativen Ablaufs gewesen. Verschiedene Tagungsteilnehmer stellten jedoch nach dem Vortrag den Reduktionismus des informationstheoretischen Modells ebenso in Frage wie die radikale Trennung von Semantik und Information.

die kultur der sekretaere ::

europa als eine kultur der sekretaere (also wir meinen hier nicht: das moebel!) ist auch eine jener mediengeschichtlichen leerstellen. die nun in Bernhard Siegert/Joseph Vogl (Hg.): Europa. Kultur der Sekretaere gefuellt werden will. der schluessel einer europaeischen identitaet sei durchaus im netzwerk von sekretaeren zu finden:

Der Staat vollendet seine Selbstorganisation erst von dem Augenblick an, da er seine Untertanen selbst zu Sekretaeren machen kann. (kultur der sekretaere)

im inhalt findet sich ein „ritt“ durch die jahrhunderte: von der verwaltung des geheimen, ueber die macht der sekretaere, was sekretaere lesen, bis zu mechanischen sekretaeren und ihren digitalen pendants.

via (mit dank!) erratika (mit dem zarten hinweis. dass kittler zu lesen. nicht „abtoernt“. dass seine frueheren vorlesungen und texte sich nur eben naeher an der mediengeschichtlichen „materie“ abgearbeitet haben und er heute immer naeher an weibel rueckt. sich zusagen an digitaler „materie“ abarbeitet. was durchaus schwerer ist und mitunter verquast.)

weiterfuehrende links:
Vorhoefe der Macht – rudolf maresch (telepolis, 2000) – ein aufsatz in sachen schaltstelle der kommunikation – aufgezogen an carl schmitt
… zum ruhme barthlebys – eine tagung ueber medien und sekretaere in weimar (pdf – 2001, paper von nils roeller)
… ein kapitel aus dem buch: Goethes Bibliotheksoekonomie . In: Europa. Kultur der Sekretaere. Hrsg. von Bernhard Siegert u. Joseph Vogl. Zuerich [u.a.“>: diaphanes, 2003, S. 111-123. (pdf)
… gloria meynens text zur geschichte buero(kratischer) strukturen: buerokrieg
… eine vorschau auf das buch Packratten und Buerokraten: Studien im Archiv. Berlin: Kadmos Verlag, 2003

der kulturkuckuck :: wider den flachmann ;-)

sloterdijk hat wieder mal kraeftig in die banale schublade geschlagen. wenn man sich selbst und seine sendung „das philosophische quartett“ als „kulturkuckuck“ bezeichnet. dann muss ja mal wieder das abendland der schrift eine klassenspezifische aufwertung erfahren. ist muendlichkeit per se flach? irgendwie ritterlich, nicht wahr? 😉 (standesgemaess, wa!)

Die hoehere Kultur ist per se literarischer. Das heisst, sie bleibt mehr Schriftkultur. Syntaktische Komplexitaet gedeiht nur in der Schriftlichkeit, diese sich selbst ueberlassene Muendlichkeit erzeugt einen Popularstil, der am Ende eine gewaltige Abflachung der Kultur bewirkt.
Der Kulturkuckuck – peter sloterdijk im gespraech, berliner zeitung 30.12.03 (via erratika)

eine volkskuenstlerin! :: k. rutschky meint das

sicherlich war die baroness in ihrer zeit keine „unbekannte“. dazu wusste sie sich expressiv einzubringen in der partiellen oeffentlichkeit. die einer kuensterlin in avantgarde-kreisen zur verfuegung stand. dennoch von einer wirklichen „bekanntheit“ zu sprechen. ist uebertrieben und der „schraegen“ rolle und funktion der baroness in ihrer zeit auch unangemessen. von ein paar veroeffentlichungen ihrer texte in zeitschriften abgesehen, bleiben vor allem ihre „inszenatorischen“, leibhaftigen kunst/leben aktionen im vordergrund.

wenn katharina rutschky in ihrer rezension unbeeintraechtigt von geistiger gesundheit (frankfurter rundschau) zu grammels biographie wiederum auf den „verrueckten“ geisteszustand der baroness abhebt und mangel an geist und werk der baroness dann negativ kurzschliesst. dann sind wir wieder dort. wo die rezeption von kuensterlinnen in der avantgarde immer stehenbleibt: entweder waren sie sexuell „abartig“ oder geistig zurueckgeblieben. Weiterlesen „eine volkskuenstlerin! :: k. rutschky meint das“

der ausstieg aus dem bild :: boris groys

wir hoeren gerade den vortrag „der ausstieg aus dem bild“ (real audio) von boris groys im rahmen der mediathek wissenskuenste II – die bilder jenseits der bilder.

Sind bereits die multiplikatorischen Praktiken, die mit den Avantgarden des fruehen 20. Jahrhunderts einsetzten und seither die Kunst begleiten, mit einem kanonisierten Bildbegriff nicht umfassend zu erlaeutern, betrifft dies umso mehr Praesentationsformen, die mit digitalen Medien arbeiten. Sie operieren zum einen mit der Medienkonkurrenz von Wort und Bild, Textualitaet und Visualitaet ueberhaupt. Zum anderen dienen diese Darstellungsweisen ebenso den wissenschaftlichen Praesentationen, die auf multimediale Visualisierungen zurueckgreifen. Diskutiert wird in dieser ersten Veranstaltung also die grundlegende Frage, wie ein Bildbegriff, der sowohl ueber den klassischen Bildbegriff hinausgeht als auch von Kuensten und Sciences gleichermassen eingesetzt wird, beschrieben werden kann.

aus der detailseite

portrait 01 :: die futuristin

die suche nach den frauen im futurismus ist noch auszudehnen: elisabeth schimana unternimmt in portrait 01: die futuristin (kunstradio) eine nicht nur historische suche nach den feministischen positionen in der elektronischen musik und in der medienkunst. ausgang der suche: das manifest der futuristischen frau von valentine de saint-point.

links:
– die sendung im mp3 stream (v. 14.12.03)
– positionierung zum projekt
– homepage von elisabeth schimana
– das manifest der futuristischen frau von valentine de saint-point (das manifest in english – pdf)
– das manifest futurist manifesto of lust von valentine de saint point (1913)
– kurze bio zu valentine de saint point
– rezension des buches Women Artists of Italian Futurism: Almost Lost to History.
– „Die beruehmteste Schlaegerei hatte Cravan jedoch nicht auf einer eigenen Konferenz, sondern nach einem Vortrag von Valentine de Saint Point ueber „Die futuristische Frau“ 1912, als ein aufgebrachtes Publikum die Buehne erstuermt und Cravan, der zwar die Futuristen nicht wirklich mochte, dem aber Vortrag und Vortragende gefallen hatten, diese um sich boxend verteidigte.“ (Arthur Cravan Ñ Die Niedertracht der Tafelrunde)

das ende einer mailingliste :: rohrpost

ja – wir haben es uns diesen samstag „gegoennt“ und das offensichtliche ende einer mailingliste – der rohrpost verfolgt. wie einst nettime“> verfolgt. wie einst nettime hat sich die liste aufgrund der „flammings“ zu einer doppelten existenz entschlossen: der ungefilterten rohrpost und der gefilterten version „rohrpost ventil“ (was dem namen nach eher der flamming version entsprechen wuerde ;-)). allein die kb-staerken des archivs der rohrpost in den ersten monaten des jahres 2003 zeigt. dass die frequenz niedrig lag. schon seit geraumer zeit war es mehr als muessig saemtliche veranstaltungs- und informationsflyer nach und nach abzulesen. sicherlich fuer den deutschsprachigen raum gab es keine liste. die dieses spektrum erfasste. (aber es gibt auch alternativen, die weitaus „diskursiver“ sind wie „thing-frankfurt“ etwa; wenngleich dort SAB ebenso praesent ist – ist ein machtwechsel innerhalb der deutschen netzkunst gewollt oder sind das dann mal mehr mal weniger charmante muetzel innerhalb der netzkunst und netztheorie, die sich phasenweise in verschiedenen mailinglisten manifestieren?).

insofern koennte man den masstab anlegen: sobald eine liste nur noch im ankuendigungsstadium haengen bleibt. ist sie „offen“ fuer flammer. die das terrain neu zu besetzen hoffen. wie auch immer man das dann einordnen kann und mag.

traditionelle „spammer“ seinerzeit auf nettime etwa wie MEZ oder antiorp hatten – neben der wichtigen kritik an aufkommenden „standards“ und festgefahrenen strukturen (die dann auch in konkreten „schmaehungen“ einzelner mitglieder und moderatoren endeten) – jedoch durchaus einen „kuenstlerischen“ hintergrund und der gebrauch von „maschinencode“ und elementen der mailinglisten-kultur war trotz etlicher tiefgaenge noch kontextierbar.

was in der rohrpost von leuten wie SAB geliefert wurde, hatte diesen anspruch nicht und erschoepfte sich im wesentlichen im vermeintlichen aufzeigen von machtstrukturen von moderatoren und mailingliste. festgefahrende standards und strukturen auch fuer den deutschsprachigen bereich der net.art anzufassen und zur diskussion zu stellen. ist durchaus wuenschenswert. angriffe auf die moderatoren im sinne einer diffamierung von lebenslaeufen ist nicht sinnvoll. wir wuenschen uns ein baldiges zurueckkehren auf eine metaebene, auf der „allgemeinere“ rueckschluesse auf eingefahrene strukturen in netz.theorie und net.art diskutiert werden koennen und sollen.

nachzuschlagen im archiv der rohrpost:
– der beginn des spamm- und flammings im september 2003
– der hoehepunkt im oktober 2003
– das archiv der gefilterten version der rohrpost ab oktober 2003 (rohrpost ventil)
– das archiv der ungefilterten version der rohrpost
– eine mit gewisser vorsicht zu rezipierende zusammenstellung des rohrpost flames findet sich auf aus7 (eine seite, die sich einer aehnlich stichsaegenhaften rhetorik bedient wie SAB – pdf)

monochrom :: marken zeichnen

ein wenig erinnert das projekt monochrom markenzeichnen mit der unglaublichen. nicht naeher spezifizierten stichprobe von 25 oesterreicherinnen (in studienzeiten wurden wir ja immer dazu angehalten. die stichprobe der probandinnen ein wenig genauer zu spezifizieren, wie etwa: 25 oesterreicherinnen, zwischen 30 und 35 jahre alt, 20 maenner und 5 frauen, 25 studentinnen und 1 kuenstler) an die jugendzeichensendung anno 80er (?) jahre zeichnen, malen, formen im ORF.

schoen auch der perfide hinweis in der mailingliste rohrpost: „schade nur, dass keiner das raiffeisen-logo mit nem hakenkreuz verwechselt hat;„. das raiffeisen-logo in der nachzeichnung hat durchaus interessante ausformungen angenommen, besonders die titulierung als „reifeisen“. 🙂

eine mailingliste spielt schach :: rhizome

eine ganze mailingliste – rhizome – ist aufgefordert. gegen die trashconnection per email schach zu spielen. wohl angemeldete mitglieder bewegen per mouseauswahl die figur zu der gewuenschten position und schicken den zug per email an den gegner. und saeumig sein. is nicht! 🙂

Important: Email Chess games not accessed in 20 days will be removed from our server. This means you have 20 days to make your move. We think you can handle it! Thank you! (email mailingliste rhizome)

wir sagen :: ein alter hut :: aber gelegenheit macht …

typologie des zappers

eine kleine typologie des zappers laesst sich im aktuellen tagesspiegel unter dem „knackigen“ titel „Das Werkzeug des Kanalarbeiters“ nachlesen:

20 Jahre Privatfernsehen in Deutschland haben uns alle veraendert. Aufgrund der stetig steigenden Zahl an Fernsehkanaelen musste der Mensch eine neue Evolutionsstufe erklimmen: Der homo sapiens wurde zum homo zappens – in verschiedenen Auspraegungen.

vom zappelphilipp, ueber den spanner bis zum buerokraten ist alles zu finden.

laengst findet sich der zapper als funktionsmechanik im tv (wird der menschliche zapper durch den mechanischen ersetzt – das ist die woechentliche polling anforderung! stimmen sie ab!):

Funktion: Zapper
Der Zapper erscheint bei jedem Senderwechsel und zeigt an, welche Sendung aktuell und als naechstes laeuft. Mit Hilfe der Pfeiltasten Ihrer Fernbedienung koennen Sie sehen, welche Sendungen auf den anderen Kanaelen gerade laufen, ohne dass Sie dabei die aktuelle Sendung verlassen muessen.

wir wollten ihnen jedoch auf keinen fall die „offizielle“ lexikalische definition von „zapping“ vorenthalten:

Ein Begriff aus alten Wild-West-Zeiten, in denen der Gegner abgeknallt (zapped) wurde. Heute werden Unternehmen von ihrem Kunden durch kurzentschlossenen Wechsel gezappt. (akademie.de)

weitergelinkt:
vorwaerts, rueckwaerts, an, aus – ein interview mit dem erfinder der fernbedienung robert adler (morgenpost)