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Kategorie: Lektüren

sushi zum lesen :: das neue blaettchen “news”

„Alle haetten sie „finanzielles Potenzial und keine Zeit“ (Ernd) – zur Zeit jedenfalls, eine der umfangreichen Tageszeitungen wie etwa die FAZ oder die FR zu lesen. News dagegen sei „in zehn bis zwanzig Minuten ausgelesen“, so Verlagsgeschaeftsfuehrer Harald Muesse. News im ganz handlichen Tabloidformat ist also der Quickie unter den Tageszeitungen und informiert „haeppchenweise, dafuer aber punktgenau“, so Muesse weiter. Das passt zu deren Essgewohnheiten: Fastfood. Sushi fuer die „Durchstarter“. Und Burger fuer die „Familienmenschen“. Und jetzt gibt es die richtige Zeitung dazu. “

Sushi zum Lesen, taz 14.09.04

volltext :: radio

volltext – die zeitung fuer literatur. hat ja nun taeglich (?*) ein literaturradio (jeweils 11.30 – 12.30). da haben wir heute mal reingehoert (stream). und muessen sagen. da hoert man werner schandor zu. wie er wohl dem genre „wiener literatur“ einen weiteren text hinzufuegt. also – wenn jemand eine bestimmte oesterreich-sehnsucht uebermannen sollte. der hoert zu. schon interessant. wie sich die oesterreichischen autoren an der stadt wien abarbeiten. wirkt immer auch ein wenig wie „heimatliteratur“.

wir moechten werner schandor nur zurufen. man kommt eben nicht schuldlos unter lemuren. (wir nehmen hier mal an. dass es werner schandor war. der gelesen hat)

sinnvoll waere es wohl auch. eine art programmvorschau anzubieten. aber das nur nebenbei.

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* stimmt sowohl nicht. es wurde gerade von einem monatlichen turnus gesprochen. auch auf nachfrage bei volltext. konnten wir keine eindeutige aussage erhalten. einach immer wieder den stream checken. hoechstwahrscheinlich wird eine sendung jeden tag wiederholt oder so. 🙂

lee lozano :: kunstausstieg

eine kuenstlerin. die in der wiener ausstellung „kurze karrieren“ vertreten war. ist lee lozano (1930-1999). sie war im zentrum der konzeptkunst der 60er jahre und inszenierte damit gleichzeitig immer weiter ihren ausstieg aus dem kunstbetrieb. nach 1972 brach sie alle kontakte zur kunst ab und lebte isoliert bis 1999 in dallas.

ab 1969
… „General Strike Piece“ – weigerung. an anlaessen oder treffen in/der kunstwelt teilzunehmen
… „Grass Piece“ – ein monat lang gras rauchen und das dokumentieren
… „Cash Piece“ – erzaehle einem nicht so erfolgreichen kuenstler von deiner neuen kunstidee und verfolge. ob er sie kopiert
… „Real Money Piece“ – einladung geld in ein einmachglas zu legen oder zu entnehmen. die einladung ging an ihre kollegen
… „Throwing up Piece“ – die 12 aktuellen ausgaben des artforums in die luft werfen
… „Dialogue Piece“ – einladung. zu ihr ins loft zu kommen und zu diskutieren
… „Dropout Piece“ (um 1979) – sich von allem fernhalten. was mit sozialen und oekonomischen kontakten im kunstbetrieb zu tun hat. von allem/n. die mit kunst geld machen.
… „Boycott Piece“ (1971): urspruenglich nur fuer eine woche gedacht – nicht mit frauen zu sprechen. behielt sie aber das ganze leben bei.

„The strategy of rejection is a powerful one, perhaps more so today than ever before, as the logic of late-capitalist culture is almost exclusively affirmative. To reject the space of culture, and to reject it in a gendered fashion is to demonstrate that the systems are linked, interdependent, and mutually beneficial.“ (Tune in, turn on, drop out: the rejection of Lee Lozano“> (1930-1999). sie war im zentrum der konzeptkunst der 60er jahre und inszenierte damit gleichzeitig immer weiter ihren ausstieg aus dem kunstbetrieb. nach 1972 brach sie alle kontakte zur kunst ab und lebte isoliert bis 1999 in dallas.

ab 1969
… „General Strike Piece“ – weigerung. an anlaessen oder treffen in/der kunstwelt teilzunehmen
… „Grass Piece“ – ein monat lang gras rauchen und das dokumentieren
… „Cash Piece“ – erzaehle einem nicht so erfolgreichen kuenstler von deiner neuen kunstidee und verfolge. ob er sie kopiert
… „Real Money Piece“ – einladung geld in ein einmachglas zu legen oder zu entnehmen. die einladung ging an ihre kollegen
… „Throwing up Piece“ – die 12 aktuellen ausgaben des artforums in die luft werfen
… „Dialogue Piece“ – einladung. zu ihr ins loft zu kommen und zu diskutieren
… „Dropout Piece“ (um 1979) – sich von allem fernhalten. was mit sozialen und oekonomischen kontakten im kunstbetrieb zu tun hat. von allem/n. die mit kunst geld machen.
… „Boycott Piece“ (1971): urspruenglich nur fuer eine woche gedacht – nicht mit frauen zu sprechen. behielt sie aber das ganze leben bei.

„The strategy of rejection is a powerful one, perhaps more so today than ever before, as the logic of late-capitalist culture is almost exclusively affirmative. To reject the space of culture, and to reject it in a gendered fashion is to demonstrate that the systems are linked, interdependent, and mutually beneficial.“ (Tune in, turn on, drop out: the rejection of Lee Lozano – Helen Molesworth, artforum 2002)

… more to read
… The Dropout Piece – ROBERT WILONSKY (dallas observer 1999): gute einfuehrung. engfuehrung des „dropout piece“ mit der biographie lee lozanos
making waves -David Reed on legacy of artist Lee Lozano – Interview (artforum, 2001)
The Return of a Rebel – artistic career of Lee Lozano – Review – Eleanor Heartney (art in america, 1999)
… Lee Lozano and Bik van der Pol (frieze.com)
… some lee lozano pieces in der margarete roeder gallery
… „Grass Piece“, „Real Money Piece“, „Dialog Piece“ und „Throwing up Piece“ im wortlaut (projekt do it)

kurze karrieren

das museum fuer moderne kunst in wien praesentierte vor kurzem die ausstellung kurze karrieren. in der kuenstlerinnen vorgestellt wurden, die in den 60er jahren den kunstbetrieb nach erfolgreicher praesenz verlassen haben. dieser punkt des ausstiegs wurde anhand von texten. proklamationen. manifesten etc. umkreist.

ein spannendes projekt. warum dann die zweite kuratorin, hedwig saxenhuber, sich so leicht ins betriebskundliche eck stellen laesst. in dem sie schon vorauseilend auf die qualitaet der auststellung hinweist:

‚“Das ist eine qualitativ hoch stehende Museumsausstellung, und keine Perlenkette irgendwelcher ausgestiegener Kuenstler“.‘ (standard, 28.05.04)

alexander koch verweist in seiner rezension zur ausstellung „macht der kunst?“ (texte zur kunst, heft 55) auf den hoeheren anteil an frauen hin. die aus dem kunstsystem ausgestiegen sind. wirklich fassbar bleiben die einzelnen ausstiege jedoch nicht. schliesslich spielen sie sich an der grenze zum kunstbetrieb ab und fallen dann aus seinem umfeld.

„wovon das kunstfeld sprechen kann. ist sein wissen und sein nichtwissen um die ausgeschiedenen akteure und artikulationen. fuer diese selbst fehlt ihm jedoch bis auf weiteres die sprache“ (koch, alexander: „macht der kunst?“, in: texte zur kunst, heft 55, s 194-197)

kunst verlassen

alexander koch verfolgt ein interessantes forschungsvorhaben: eine topologie des kunstausstiegs. – es gibt online dazu wenig infos ausser eine austellungsankuendigung aus dem jahre 2002: kunst verlassen. gestures of DISAPPEARANCE

„DIE AUSSTELLUNG zeichnet die Gesten und Haltungen von vier DeserteurInnen nach, die im politischen Klima der 10er sowie der spaeten 60er und fruehen 70er Jahre die Rahmung der eigenen kuenstlerischen Handlungsraeume aus der Fassung brachten. Ihr Handeln hatte Anteil an der Sichtbarwerdung jener Zonen und Augenblicke, an deren Raendern die Kunst auszufransen beginnt. Ihre Gesten, die sich unmittelbar am eigenen Koerper und am eigenen Leben formierten, artikulieren aus retrospektiver Sicht die spezifischen historischen Bedingungen einer politischen und sozialen sowie einer physischen und mentalen Existenz im Kunstfeld.“

aktuell gefunden ueber das aktuelle heft der texte zur kunst (heft nr. 55, darin: koch, alexander: macht der kunst? „kurze karrieren“ im museum moderne kunst, wien)

ist es sinnvoll, ganze Tage mit Interviews voll zu packen

wir fragen uns ja manchmal. sind autoren einfach duemmer als das umfeld. oder versuchen sie mit ihren je eigenen strategien mit dem umfeld fertig zu werden? im zeitalter des internets wuerde es doch ausreichen. interviews per email durchzufuehren. dieses merkwuerdige selbstverstaendnis. dass man ja alles richtig und genau bei so einem interview machen moechte. ist nicht wenig haeufig anzutreffen. vielleicht sollte man als autor abwaegen. ob man trotz unglaublicher genauigkeit im interview genau den wortlaut oder den sinn im interviewtext danach auch wiederfindet?
schliesslich stellt sich die immer wieder die frage. warum autoren heute geradezu managerhaft ihre oeffentlichkeit organisieren muessen?

„Sven Regener, das spuert man bei diesem rasanten Auftakt, will keinen Smalltalk zum Warmwerden, er will direkt zur Sache kommen, zum neuen Buch, zu Frank Lehmann. Er sagt, er koenne das gar nicht anders. Ein Interview fordere von ihm volle Konzentration und mache ihn nervoes, der Tag sei dann in der Regel gelaufen. Da ist es sinnvoll, ganze Tage mit Interviews voll zu packen, und so ist dieser Mittwoch im Café Einstein in Berlin-Tiergarten schon der zweite Tag, an dem Sven Regener von morgens bis in den fruehen Abend hinein Rede und Antwort steht. Im Einstundentakt, versteht sich, denn das Interesse an Regeners zweitem Lehmann-Buch ist gross, was natuerlich an dem ueberwaeltigenden Erfolg seines 2001 veroeffentlichten Romandebuets „Herr Lehmann“ liegt“

Dialektik mit Seelachsschnitzel – gerrit bartels, TAZ 06.09.04

und es sollte bedacht werden. es gibt auch die moeglichkeit sich dieser form von oeffentlichbarmachung zu verweigern.

schriftsteller. die keine oder kaum interviews geben u.a.: wiktor pelewin, thomas pynchon, don lelillo, salinger, patrick suesskind, haruki murakami

amok im alter :: woody allen

„Woody Allen, das lebenslange Kind, erlangt im Alter etwas, was man Schlussstrich-Maennlichkeit nennen koennte. >>Mach dir keine Sorgen, ich bin ein sehr schneller Laeufer>satirischer LauneAmok im Alter – Peter Kuemmel, zeit 02.09.04

… interview mit allen (kieler nachrichten (01.09.04)

… mehr rezensionen
Der heilige Jeremias von Manhattan – andreas kilb(FAZ, 31.08.04)
die hornbrille bin ladens – birgit glombitza (TAZ, 02.09.04)
… Wenn Menschen und Sprache einander fremd bleiben – bernd hassis (stuttgarter zeitung, 02.09.04)
… Der listige Mr Allen – h.g. pflaum (sueddeutsche, 01.09.04)
… wie es ihm gefaellt – Christiane Peitz (tagesspiegel, 01.09.04)
… Der Herbst ist da (welt, 01.09.04)
… Das Leben ist auch schoen – thomas blum (jungle world, 01.09.04)
Anything Else (rheinische post, 30.08.04)

in amerikanischen rezensionen wird allens film fast durchgaengig negativ rezensiert – vor allem mit herben persoenlichen untergriffen (als wuerde der filmische neurotiker nun nicht mehr als folie fuer gesellschaftliche klimata begriffen. sondern als persoenliches problem allens). wir haben daher versucht. positivere rezensionen zu finden:

In ‚Anything Else,‘ Allen shrinks into the background (usa today)
… Woody Allen As Life Coach (new york times)
… Ready for ‚Anything‘ (sf examiner)
… Anything Else (filmcritic.com)
… Manhattan transfer (boston herald)

>>die gewinne von heute sind häufig die arbeitslosen von morgen

„Das mag sein, aber es muss in der Oekonomie des ganzen Hauses immer mehr darauf geachtet werden, dass der gesellschaftliche Reichtum in die Gesellschaft zurueckkehrt. Mitte der 70er Jahre lautete die Parole, die auch Helmut Schmidt landauf, landab vertreten hat: Die Gewinne von heute sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplaetze von uebermorgen. Das stimmt nicht mehr. Die Gewinne von heute sind haeufig die Arbeitslosen von morgen. Von den Gewinnen kehrt nur noch ein Drittel zurueck in die Produktionsanlagen, ein Drittel wird fuer Rationalisierung genutzt und ein Drittel flottiert privat.“

Es geht nicht nur um die Realitaet – oskar negt im gespraech (berliner zeitung, 24.08.04 via lounge électronique)

monopol :: rolli und barbourjacke

wir haben uns dieses monopol auch mal zugelegt (die ausgabe zwei. fuer die. dies immer ganz point-iert wissen wollen). und fragten uns bei doch nicht uninteressanten themen (etwas bewegter als ART und weit vom theoretischen anspruch einer springerin). woran kann es liegen. dass man einen „schalen“ eindruck gewinnt?

(1) vielleicht liegt es schlicht am zielpublikum. dem wir nicht angehoeren:

„Frauen und Maenner im Alter von 30 bis 55 Jahren mit Sinn fuer Kunst und Aesthetik. Entscheider aus der Kreativ- und Kulturindustrie, Kuenstler und Kulturschaffende, eine kulturaffine Wirtschaftselite sowie kunstinteressierte Laien mit hoher Bildung und ueberdurchschnittlichem Netto-Haushaltseinkommen.“ (aus den mediendaten)

(2) vielleicht liegt es aber auch am anspruch des magazins. nicht nur fuer die distingiuerten zu schreiben. sondern auch solche (oder solche. die sich so zu nennen pflegen) schreiben zu lassen:

„In Monopol schreiben und veroeffentlichen Bestsellerautoren, beruehmte Kuenstler und anerkannte Fotografen.“ (aus den mediendaten)

man notiere sich die begriffe: BESTSELLER + BERUeHMT + ANERKANNT = MONOPOL

(3) vielleicht aber schlicht. weil wir diese nichtan- noch genug ausgezogene schreibe einfach nicht mehr wirklich lesen koennen. es bleibt in dieser durchgaengigen stillage der texte vieles im halbironischen. im witzig und hippig angelehnten. soll jeder doch nehmen. was und wies ihm gefaellt. vielleicht ist das die tatsaechliche postmoderne auslagerung des „anything goes“.

„Anschaulichkeit, Aktualitaet, Ueberraschung, Relevanz, Emotionalisierung, Personalisierung und Humor sind charakteristisch fuer Monopol.“ (aus den mediendaten)

(4) sind wir erfreut. wenn andere in einer rezension auch mal ein gutes argumentatives fass auf machen dazu:

„Das Prinzip >>Bildung

Resmann Couture

„Man hat schon oft festgestellt, dass sich unter Rabl-Stadlers Aegide eine ideelle Allianz von Festspielen und der Salzburger gewerblichen Wirtschaft hergestellt hat. Elegant muss sich die Premiere zur Hermés-Bluse fuegen, stilvoll soll das Diner (man nimmt es besser vorher ein, die Salzburger Wirte machen gern frueh Feierabend) ins Konzert uebergehen. Mit Juergen Flimm hat Rabl-Stadler – nach dem zaenkischen Mortier und dem traurigen Ruzicka – nun eine rheinlaendische Frohnatur nach ihrem Geschmack gefunden: Was immer man von ihm als Regisseur halten mag – und zumindest seine neueren Operninszenierungen, etwa der „Ring“ in Bayreuth und „King Arthur“ in Salzburg sind sehr unbegeistert aufgenommen worden – in seiner Omnipraesenz gibt der sozialdemokratisch angehauchte Kulturfunktionaer Flimm das ruehrige, weltlaeufige Gegenstueck zur Festspielpraesidentin. Er kann mit jedem und fast jeder kann mit ihm. Er hat oeffentlich verkuendet, das „Regietheater“ sei im Bereich der Oper zu weit gegangen und muesse auf ein „vernuenftiges Mass“ zurueckgefuehrt werden – da lacht das Herz im Nobeldirndl. Er sitzt in fast jeder Kommission, und wo er nicht sitzt, sitzt Rabl-Stadler.“

Resmann Couture – Wolfgang Fuhrmann, berliner zeitung, 01.09.04