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Kategorie: Lektüren

mechanisierung der handschrift

Etliche ehemalige akademische Sekretärinnen wurden selbst nach einiger Zeit Schriftstellerinnen oder Autorinnen – umgekehrt diktierte die amerikanische Schriftstellerin wie Edith Wharton jungen Männern ihre Typoskripte. Der amerikanische Autor Thomas Wolfe war der erste, welcher seine Romane grundsätzlich und hochindustriell nach Wörterzahlen verkaufte(„Look Homeward, Angel³ mit 350′000 Wörtern)

Zur Mechanisierung der Handschrift – Einzug der Serialisierung in intellektuelle Abläufe (vorlesung technikgeschichte, hausarbeiten.de)

der autor :: die handschrift :: die schluesse

Auf der letzten Seite dann das handschriftlich vom Autor eingetragene, für jedes Exemplar dieser Auflage eigens entworfene „schlußwort“.

Der endlichen Wähnung geharrt – ueber ulf stolterfohts dritten lyrikband (TAZ, 22.01.05)

wir sind ja immer wieder geradzu begeistert. wenn sich dichter die zeit nehmen ihre buecher zu signieren. aber jetzt auch noch letzte worte als schlusswort einzutragen. das haut uns um. die armen germanisten muessen sich dann mit x-endlichen schluessen seines gedichtbands abquaelen!

koeln :: karnevals :: deko

nun schon ne weile karnevaleske schaufenster in koeln … wir sind spaet dran dieses jahr.

ob hase oder pinguin

in der stadt des karnevals – in koeln – faellt so eine werbung keinem auf. ob hase oder pinguin oder gleich beides. wat solls! jeder jeck ist anders! 😉

die sprache :: der dialektik

Welcher Sprache man sich bei der Analyse dieser Dialektik bediene, ist ein wichtiges Traktandum. Diejenige, die Adorno in seiner «Philosophie der neuen Musik» gewählt hat, empfindet Horkheimer, wie er in einem ausführlichen Brief vom 28. August 1941 auseinandersetzt, bemerkenswerterweise als «noch unrichtig». Adornos «regelmässiger» Stil, durch kurze Sätze rhythmisiert, ist für Horkheimers Geschmack offenbar – zu schön und damit zu «positiv». Die Sprache, «welche wir uns schaffen müssen», so Horkheimer beinahe autoritativ, dürfe «nicht eine Erfahrung des Positiven ausdrücken, zu der wir nicht mehr stehen können».
Er sei sich seiner Hilflosigkeit in der Frage des Stils bewusst, entgegnet Adorno eine Woche später, neige aber der Ansicht zu, «dass es sich hier nicht bloss um mein Versagen» handle. Er zitiert, um sich zu erklären, aus einem zwei Jahre zuvor notierten Gedanken: Die Sprache erlaube es nicht mehr, das Erfahrene auszudrücken, «wie es erfahren ist».

das nichts verneinen – der briefwechsel zwischen adorno und horkheimer 1938-1944 (NZZ, 22.01.05)

benjamin :: brecht und adorno

Aragons Buch mit seinen «Türen zum Unendlichen», wie es darin heisst, stand wiederum am Anfang der Passagen-Arbeit. Dass dieses unüberschaubare und nach vielen Richtungen wuchernde Werk seinerseits Türen ins Unendliche aufzustossen unternahm, nicht freilich um dieses zu entzaubern, doch um es als solches kenntlich zu machen, scheint uns heute so naheliegend, wie es einigen von Benjamins Zeitgenossen anstössig vorkam. Brecht widersetzte sich einem solchen Umgang mit den Residuen des Inkommensurablen aus anderen Beweggründen als etwa Adorno, aber beide trachteten sie danach, Benjamin in ihrem Sinne zu domestizieren.

die nachseite des natuerlichen (NZZ, 22.01.05)

jean paul :: dichten ist wie kaffeekanne – schoen heiss

Dass Jean Paul (er war gute drei Jahre jünger als Schiller) ein bisschen verrückt war oder jedenfalls aus dem üblichen Rahmen fiel, das war schon damals klar, als er urplötzlich aus der hintersten Provinz auftauchte, die lesenden Damen nicht nur mit seinen Romanen entzückte und sie eben doch nur abspeiste und in Weimar Schiller und Goethe ziemlich nervös machte, wenn er ihnen erklärte, was das denn solle mit Musen und Inspiration fürs Dichten, es komme doch bloss darauf an, ordentlich Kaffee zu trinken, und dann wieder für immer verschwand in die „Provinz“ dass er also ein bisschen verrückt war, das war schon damals klar, aber wie verrückt er wirklich war, das lässt sich wirklich erst allmählich ermessen.

Autor der Einsamkeit (zeit, 20.01.05)

schon interessant. wie sich das bild der „verruecktheit“ immer wieder schoen bequem macht – oeffentlich. was soll denn dabei schon „verrueckt“ sein? das jean paul in seiner ueberbordenden schlichtheit auch erfolg hatte. dass er von dem ganzen erfolgsgewohnten literarischen feld der goethezeit sich zurueckzog? dass er frauen mehr ansprach als maenner in literatur und leben? was soll daran bitte verrueckt sein – oder gar das leben in einsamkeit(en)? dieses bild von jean paul wird ja nur zu gerne und einfach immer weiter tradiert – war halt ein wenig verrueckt der jean paul. das laesst sich dann wohl auch schoen auf seine texte umlegen. sind ja auch ein wenig ueberdreht?! nicht wahr!

so ein unsinn. dann sind wir gleich gaenzlich verrueckt. weil wir nicht mal ordentlich kaffee trinken im literarischen feld!

sz-bibliothek :: ein jungs kanon

Für deutschsprachige Schriftstellerinnen sieht die Bilanz der Münchner Zeitungsbibliothek sogar ganz trübe aus: Sie beläuft sich nämlich glatt auf null. Auch an den nächsten sechs Wochenenden, verrät einem schon jetzt die Internetseite freimütig, wird es neben dem üblichen „Jungs-Kanon“ aus Walser, Hesse, Grass und Co. keine Ingeborg Bachmann und keine Anna Seghers geben. Keine Christa Wolf und keine Marie Luise Kaschnitz. Und erst recht nicht die schon erwähnte Elfriede Jelinek, frisch gebackene Literaturnobelpreisträgerin hin oder her. Von ausländischen Schriftstellerinnen, die die Tradition der Moderne massgeblich beeinflusst haben, wie Virginia Woolf, Sylvia Plath oder Simone de Beauvoir, mal ganz zu schweigen.

Klassik ohne Frauen (TAZ, 20.01.05)

die gesellschaft hat sich vor romanen gefuerchtet

Die Gesellschaft hat sich vor Romanen gefürchtet, dann vor dem Fernseher, heute werden Computer verantwortlich für Gewaltbereitschaft gemacht. Die Urgroßelterngeneration hat ganz Europa verwüstet ohne ein einziges Computerspiel.

Erst das Spiel macht uns zu Menschen – die kulturwissenschaftlerin natascha adamowsky im gespraech (welt, 21.01.05)

… publikationen von natascha adamowsky
… digitale kultur im horizont des spiels (pdf)
… was ist ein computerspiel (pdf)
… body snatcher chic (pdf)

der mobile balkon :: mit aussenminister leopold figl

Ein Heer von Historikern arbeitet jetzt an Hunderten patriotischer Aktionen. Bei Grossausstellungen zum Staatsvertrag und zur Gründung der zweiten Republik wird sich das Land seiner ruhmreichen Augenblicke erinnern. Wenn’s wahr ist, gibt es sogar jenen Balkon, auf dem Aussenminister Leopold Figl 1955 den frisch unterzeichneten Staatsvertrag präsentierte, in einer mobilen, durch Österreich tourenden Fassung. Jeder Österreicher kann dann Geschichte spielen und den historischen Satz Figls von der Balustrade rufen: «Österreich ist frei!»

das gedankenjahr (NZZ, 21.01.05)

das ist nicht wahr oder? bitte nein!