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Kategorie: Lektüren

how to write about africa – binyavanga wainaina

der text. den wir fuer die naechsten wochen empfehlen: „schreiben sie ueber afrika! stoehnen ist gut: eine anleitung“ von binyavanga wainaina (sueddeutsche, 17.01.06). eine satirische oder zynische – je nach standpunkt – anleitung fuer autoren. die ueber afrika ein buch schreiben wollen. wir haben wirklich herzlich gelacht und finden die satire wirklich gelungen:

Never have a picture of a well-adjusted African on the cover of your book, or in it, unless that African has won the Nobel Prize. An AK-47, prominent ribs, naked breasts: use these. If you must include an African, make sure you get one in Masai or Zulu or Dogon dress.

How to write about Africa (granta, nr. 91 – the view of africa)

photoblog des standards

fuer die mittaegliche pause und sowieso gute bilder: der photoblog des standards von matthias cremer.

das kunstseidene maedchen: die erstdruckfassung

fuer uns schon immer ein ganz wunderbar rasantes buch von irmgard keun: „das kunstseidene maedchen“. interessant waere nun. wie geglaettet die 1951 herausgegebene fassung tatsaechlich ist. jetzt gibts den vergleich durch die von claassen herausgegebene erstdruckfassung aus dem jahre 1932 mit so schoenen ergaenzungen wie das „system des maennerfangs“ aus dem keunschen feuilletonsreservoirdieser feuilletonartikel ist wohl auch zu finden in: arend, stefanie/ martin, ariane (hgg.): irmgard keun 1905/2005 (aisthesis verlag). dort findet sich auch der briefwechsel zwischen tucholsky und keun. tucholsky sah starke parallelen zu robert neumanns roman „karriere“ (1931).:

Der unveränderte Text der Erstausgabe wird in diesem Band durch Briefe, zeitgenössische Rezensionen, eine Auswahlbibliografie und ein informatives Nachwort zur Wirkungsgeschichte des Romans ergänzt. Außerdem erläutert Irmgard Keun ihr System des Männerfangs in einem Feuilleton, das zum ersten Mal seit 1932 wieder veröffentlicht wird.

quelle: aus der verlagsankuendigung von claassen

der rezipient als knochenbrecher

mitunter sollte man dem ersten aerger nachgeben. und einfach die tageszeitung abbestellen. dieser ruck durchfuhr uns beim lesen des TAZ artikels „brich ihnen einfach ihre verdammten knochen, jack“ (13.01.06) ueber die serie „24“ (so viele offizielle webseiten gabs noch nie: hier, hier und hier). leider versuppt der artikel soviele ebenen. dass man versucht sein koennte zu glauben. es handelt sich um einen ganz speziell zynischen artikel. der dadurch schon wieder hip sein will. 😉 das klappt aber weder und noch. wir wuerden daher einfach sagen. die TAZ kann sich auch mal sowas leisten. aber eben nur einmal. denn der autor nervt einfach nur da bringt der artikel „the depraved heroes of 24 are the himmlers of hollywood“ von slavoj zizek schon weitaus mehr stoff fuer die metaebene zur serie (guardian, 10.01.06)

Nein. Der Menschenrechtler nervt einfach nur. Bauer, unter Druck, muss den Verdächtigen zunächst freilassen. Aber er lässt sich nur zum Schein auf den Handel ein: Auf dem einsamen Parkplatz schließlich lauert er ihm auf und bricht ihm – ohne große Diskussion – erst mal einen Arm, um die amerikanische Zivilisation vor dem Untergang zu retten. Und wir flüstern: Mach weiter, Jack.

brich ihnen einfach ihre verdammten knochen, jack (TAZ, 13.01.06mittlerweile gibts auch leserbriefe dazu: kritik und tiefgang nerven nur)

der fotoapparat trifft sich ohne sein stativ – konrad bayer

(experimentelle – wir vermeiden ja gewohnheitsmaessig dieses attribut) literatur kann wie ein rausch sein. einem verfangen in sprachlichen strukturen. da sieht man sie wiederkehren der eine mit der anderen. die anderen mit dem einen. die nummer 521 mit einem vollrausch. der fotoapparat trifft sich ohne sein stativ usw. pp.. man ertappt sich dabei eine vollstaendige sprachstruktur rueckzuerstatten. was gelaeufig sein mag und nie funktioniert. um der menage a x zu entfliehen. bleibt nur das anbandeln mit satzfragmenten. die man sich zuhause in den mentalen setzkasten stellen kann.

alle anwesenden verschwanden unter einem berg von telegrammen und es ereignete sich das uebliche. ploetzlich hatte franz viele freunde, welche aber unter einem berg von interessen sofort verschwanden. hier wird jeder zum freund von jedem.

der sechste sinn. konrad bayer. deuticke, s 18

die zu hauf abgeworfenen autorenlocken

die frage des auratischen„Insbesondere in den von Böhme als „grundlegende Kulturmechanismen“ beschriebenen Qualitäten der „Raum-Ständigkeit und Zeit-Stetigkeit“ (Böhme (1996), S. 56) ist die integrative wie auch die ausgrenzende Disposition von Kultur erkennbar: „Kultur bedeutet die Codierung und Auratisierung von Normen, Werten und Zielen einer Gemeinschaft“ (ebd., S. 58) und kennzeichnet damit die Prozesse der Identitätsbildung und Selbstaffirmation.“ quelle wird die literatur nicht mehr los. norbert krohn weint in seinem durchaus nicht uninteressanten artikel der aura des handschriftlichen. des papiernen literarischen archiv nach. gegenwartsautoren wuerden wie uwe timm ihre vorversionen schlicht durch die loeschtaste am computer nivellieren. und wenn das laptop gaenzlich den geist aufgaebe. fehle jegliche versionierung von texten.

Gut möglich, daß so dem konkreten Notebook eines Dichters einmal ein ebenso auratischer Erinnerungswert zukommt wie Goethes Schreibtisch in Weimar. Abgenutzte Tasten, blankgewienerte Handballenauflagen, die Reste eines umgeschütteten Kaffees, der sich bei der Arbeit über das Tastenfeld ergoß: Während der geschriebene Text selbst nur mehr eine technisch produzierte Datenmenge ist, wird dem Arbeitsgerät die Handschrift des Dichters eingeschrieben sein, die Dateireste und Gebrauchsspuren, in denen ein ganzer Schreibabschnitt eines Autorenlebens nachzulesen sein wird. Das Gerät selbst, die technische Maschine wird so zur Insignie des Auratischen. Und mehr: zum eigenen Archiv. Im Notebook fallen Medium, Manuskript und Archiv in eins.

flammen des digitalen (welt, 07.01.06)

tja. die von benjamin erkannte entauratisierung der alten medien. geht immer auch mit einer gewissen zeitlichen verschiebung mit einer auratisierung neuer medien einher. das beduerfnis nach der autorenlocke wird nicht tot zu kriegen sein. dass die literatur auch im beinahe autorenlosen computergenierten stadium angekommen ist. hat sich bis zu herrn krohn noch nicht durchgesprochen. leider leidet die jeweilige gegenwartsliteratur oft daran. krampfhaft am insitutionalisierten autorinnenkonzept festzuhalten. und reichlich gerne mit ihren schnellgestrickten und zu hauf abgeworfenen locken zu hausieren. denn a muss immer zu b fuehren. und nur nicht ueber c gehen. denn dann bleibt womoeglich a auf der strecke. 😉

ein beinah revolutionaerer literaturclub

fast schon anachronistisch wirkte heute die letzte buchempfehlung von willemsen im schweizer literaturclub (wird regelmaessig wiederholt in 3sat): mit ungewoehnlicher und daher durchaus sympathischer verve empfahl er „botschaften aus dem lakandonischen urwald“ von subcomandate marcosrauchen und leben hat sich vor kurzem der raucherattitude des commandante angenommen. (edition nautilus). 🙂 ein charmanter revolutionaer. der herr willemsen …

vom balkon springt nur. wer keine aussicht hat

ob der sommer nun vorm oder hinter oder gar aufm balkon liegt. sei mal dahingestellt. auf alle faelle stellt er nur banalitaeten aus (s. trailer). was an diesem film wohl am interessantesten ist. ist die diskussion darueber. man muss nur all diesen maennlichen beteiligten zuhoeren. und weiss. woher der filmwind weht. und wir schiessen eher selten mit feministischen zikaden ueber den argumentativen balkon:

DIE WELT: Trotzdem: Selten sieht man in einem deutschen Film solch eine erotisch reizvolle Frau.

Wolfgang Kohlhaase: Es ist doch so: Ein attraktives Mädchen ist ein attraktives Mädchen, und Kino lebt davon. Man verkauft keine grauen Mäuse, sondern schöne Frauen.

Dresen: Wie hat Truffautmal ganz abgesehen. dass die aussage einer interpretation von dresen unterliegt. war uns truffaut ohnehin immer ein wenig zu spiessig galant. gesagt? „Kino ist schöne Dinge mit schönen Frauen tun.“

diese geschichte hat ein paar jahre gelegen (welt, 06.01.06)