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die neuen stimmen

es sind ja immer mal wieder schoene „bonmots“ im feuilleton zu finden. so wirkt der artikel ueber die literaturbiennale in frankfurt „German Literature light? Non, merci“ wie das nacherzaehlen einer literarischen haekelstunde. wenn die vermittlung deutschsprachiger literatur im ausland mit dem disput beginnt und endet. ob sie zu schweratmig sei. um exportiert bzw. gerade diese schweratmigkeit ein markenzeichen sein koenne. um im ausland rezipiert zu werden.

begleitet wurde diese biennale dann – so die rezensentin – von „elf neuen stimmen“. es sollte das attribut „neu“ daher ganz neu ueberdacht werden. wenn autorinnen wie michael lentz, kathrin roeggla und josef winkler mit diesem versehen werden.

interessant auch. dass bei programmpunkten auf der biennale wie Marketing im Dienst der Lyrik autorinnen sich noch ernstlich die frage stellen. ob sie als „warenmuster fuer die deutsche gegenwartsliteratur“ dienen (Nenad Popovi*, Kroatien).

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* oder womoeglich liegt hier ein vertipper vor: Nenad Popovic?

charmant und hinreissend :: eine reise zurueck in den sprachknigge

wir lassen uns ja nicht immer lumpen und erwerben mitunter auch mal eine ausser tuerliche zeitung (also: nebenst der taz). blaettern dann in dieser und ihrem feuilleton und was muessen wir lesen? sind die 50er jahre und der sprachliche happy meal nierentisch (das mag ja seinerzeit ganz „nett“ anzusehen gewesen sein) in die literaturkritik eingezogen?

so finden sich auf einer (!) literaturseite der sueddeutschen (14.09.04) gleich drei kritiken mit diesem „hausmannsdeutsch“:

in einer besprechung eines diana-portraitbandes findet sich der hinweis. es wuerde sich um eine

hinreissende fotogalerie

handeln. in der des literaturfestivals von mantua der hinweis auf den veranstaltungsort:

ein bezauberndes lombardisches renaissancestaedtchen.

und zu guter letzt die rezension von ijoma mangold. der sich auf den literaturtagen „sprachsalz“ in hall in tirol von

charmantesten und hinreissenden personen und werken

betoeren laesst.

ist das eine notwendige feuilletonale eintagsfliege. weil besprechungen ja irgendwie anaermeln sollen?

alexander von humboldt :: das webportal

auf dem alexander von humboldt webportal kann man sich schon aufhalten (einfach die lobpreisler auf der eingangsseite uebersehen!).

„Wenn man sie sammelt, schneidet man eine Kerbe in die Hauptrippe, welche die Verlaengerung
des Blattstiels ist; diese Kerbe wird als Haken dienen, um die Blaetter beim Aufbau des tragbaren Daches aufzuhaengen; dann breitet man sie aus und rollt sie sorgfaeltig zu einem zylindrischen Paket zusammen. Um eine Huette zu bedecken, in der sechs bis acht Personen schlafen, braucht man fuenfzig Kilogramm Blaetter.“

wie man mit vijao-blaettern ein haus baut – auszug aus der leseprobe (pdf) zu „alexander von humboldt – Ansichten der Kordilleren“

NAMHAFT

nam|haft [mhd. namehaft, ahd. namohaft“>

beispielhafte verwendung:
Die Auswahl traf ein Komitee, dem namhafte deutsche Kunsthistoriker und Leiter wichtiger Kunstvereine angehoerten. (Cattelans Seitenwechsel, berliner zeitung 14.09.04)

sushi zum lesen :: das neue blaettchen “news”

„Alle haetten sie „finanzielles Potenzial und keine Zeit“ (Ernd) – zur Zeit jedenfalls, eine der umfangreichen Tageszeitungen wie etwa die FAZ oder die FR zu lesen. News dagegen sei „in zehn bis zwanzig Minuten ausgelesen“, so Verlagsgeschaeftsfuehrer Harald Muesse. News im ganz handlichen Tabloidformat ist also der Quickie unter den Tageszeitungen und informiert „haeppchenweise, dafuer aber punktgenau“, so Muesse weiter. Das passt zu deren Essgewohnheiten: Fastfood. Sushi fuer die „Durchstarter“. Und Burger fuer die „Familienmenschen“. Und jetzt gibt es die richtige Zeitung dazu. “

Sushi zum Lesen, taz 14.09.04

volltext :: radio

volltext – die zeitung fuer literatur. hat ja nun taeglich (?*) ein literaturradio (jeweils 11.30 – 12.30). da haben wir heute mal reingehoert (stream). und muessen sagen. da hoert man werner schandor zu. wie er wohl dem genre „wiener literatur“ einen weiteren text hinzufuegt. also – wenn jemand eine bestimmte oesterreich-sehnsucht uebermannen sollte. der hoert zu. schon interessant. wie sich die oesterreichischen autoren an der stadt wien abarbeiten. wirkt immer auch ein wenig wie „heimatliteratur“.

wir moechten werner schandor nur zurufen. man kommt eben nicht schuldlos unter lemuren. (wir nehmen hier mal an. dass es werner schandor war. der gelesen hat)

sinnvoll waere es wohl auch. eine art programmvorschau anzubieten. aber das nur nebenbei.

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* stimmt sowohl nicht. es wurde gerade von einem monatlichen turnus gesprochen. auch auf nachfrage bei volltext. konnten wir keine eindeutige aussage erhalten. einach immer wieder den stream checken. hoechstwahrscheinlich wird eine sendung jeden tag wiederholt oder so. 🙂

lee lozano :: kunstausstieg

eine kuenstlerin. die in der wiener ausstellung „kurze karrieren“ vertreten war. ist lee lozano (1930-1999). sie war im zentrum der konzeptkunst der 60er jahre und inszenierte damit gleichzeitig immer weiter ihren ausstieg aus dem kunstbetrieb. nach 1972 brach sie alle kontakte zur kunst ab und lebte isoliert bis 1999 in dallas.

ab 1969
… „General Strike Piece“ – weigerung. an anlaessen oder treffen in/der kunstwelt teilzunehmen
… „Grass Piece“ – ein monat lang gras rauchen und das dokumentieren
… „Cash Piece“ – erzaehle einem nicht so erfolgreichen kuenstler von deiner neuen kunstidee und verfolge. ob er sie kopiert
… „Real Money Piece“ – einladung geld in ein einmachglas zu legen oder zu entnehmen. die einladung ging an ihre kollegen
… „Throwing up Piece“ – die 12 aktuellen ausgaben des artforums in die luft werfen
… „Dialogue Piece“ – einladung. zu ihr ins loft zu kommen und zu diskutieren
… „Dropout Piece“ (um 1979) – sich von allem fernhalten. was mit sozialen und oekonomischen kontakten im kunstbetrieb zu tun hat. von allem/n. die mit kunst geld machen.
… „Boycott Piece“ (1971): urspruenglich nur fuer eine woche gedacht – nicht mit frauen zu sprechen. behielt sie aber das ganze leben bei.

„The strategy of rejection is a powerful one, perhaps more so today than ever before, as the logic of late-capitalist culture is almost exclusively affirmative. To reject the space of culture, and to reject it in a gendered fashion is to demonstrate that the systems are linked, interdependent, and mutually beneficial.“ (Tune in, turn on, drop out: the rejection of Lee Lozano“> (1930-1999). sie war im zentrum der konzeptkunst der 60er jahre und inszenierte damit gleichzeitig immer weiter ihren ausstieg aus dem kunstbetrieb. nach 1972 brach sie alle kontakte zur kunst ab und lebte isoliert bis 1999 in dallas.

ab 1969
… „General Strike Piece“ – weigerung. an anlaessen oder treffen in/der kunstwelt teilzunehmen
… „Grass Piece“ – ein monat lang gras rauchen und das dokumentieren
… „Cash Piece“ – erzaehle einem nicht so erfolgreichen kuenstler von deiner neuen kunstidee und verfolge. ob er sie kopiert
… „Real Money Piece“ – einladung geld in ein einmachglas zu legen oder zu entnehmen. die einladung ging an ihre kollegen
… „Throwing up Piece“ – die 12 aktuellen ausgaben des artforums in die luft werfen
… „Dialogue Piece“ – einladung. zu ihr ins loft zu kommen und zu diskutieren
… „Dropout Piece“ (um 1979) – sich von allem fernhalten. was mit sozialen und oekonomischen kontakten im kunstbetrieb zu tun hat. von allem/n. die mit kunst geld machen.
… „Boycott Piece“ (1971): urspruenglich nur fuer eine woche gedacht – nicht mit frauen zu sprechen. behielt sie aber das ganze leben bei.

„The strategy of rejection is a powerful one, perhaps more so today than ever before, as the logic of late-capitalist culture is almost exclusively affirmative. To reject the space of culture, and to reject it in a gendered fashion is to demonstrate that the systems are linked, interdependent, and mutually beneficial.“ (Tune in, turn on, drop out: the rejection of Lee Lozano – Helen Molesworth, artforum 2002)

… more to read
… The Dropout Piece – ROBERT WILONSKY (dallas observer 1999): gute einfuehrung. engfuehrung des „dropout piece“ mit der biographie lee lozanos
making waves -David Reed on legacy of artist Lee Lozano – Interview (artforum, 2001)
The Return of a Rebel – artistic career of Lee Lozano – Review – Eleanor Heartney (art in america, 1999)
… Lee Lozano and Bik van der Pol (frieze.com)
… some lee lozano pieces in der margarete roeder gallery
… „Grass Piece“, „Real Money Piece“, „Dialog Piece“ und „Throwing up Piece“ im wortlaut (projekt do it)

kurze karrieren

das museum fuer moderne kunst in wien praesentierte vor kurzem die ausstellung kurze karrieren. in der kuenstlerinnen vorgestellt wurden, die in den 60er jahren den kunstbetrieb nach erfolgreicher praesenz verlassen haben. dieser punkt des ausstiegs wurde anhand von texten. proklamationen. manifesten etc. umkreist.

ein spannendes projekt. warum dann die zweite kuratorin, hedwig saxenhuber, sich so leicht ins betriebskundliche eck stellen laesst. in dem sie schon vorauseilend auf die qualitaet der auststellung hinweist:

‚“Das ist eine qualitativ hoch stehende Museumsausstellung, und keine Perlenkette irgendwelcher ausgestiegener Kuenstler“.‘ (standard, 28.05.04)

alexander koch verweist in seiner rezension zur ausstellung „macht der kunst?“ (texte zur kunst, heft 55) auf den hoeheren anteil an frauen hin. die aus dem kunstsystem ausgestiegen sind. wirklich fassbar bleiben die einzelnen ausstiege jedoch nicht. schliesslich spielen sie sich an der grenze zum kunstbetrieb ab und fallen dann aus seinem umfeld.

„wovon das kunstfeld sprechen kann. ist sein wissen und sein nichtwissen um die ausgeschiedenen akteure und artikulationen. fuer diese selbst fehlt ihm jedoch bis auf weiteres die sprache“ (koch, alexander: „macht der kunst?“, in: texte zur kunst, heft 55, s 194-197)

kunst verlassen

alexander koch verfolgt ein interessantes forschungsvorhaben: eine topologie des kunstausstiegs. – es gibt online dazu wenig infos ausser eine austellungsankuendigung aus dem jahre 2002: kunst verlassen. gestures of DISAPPEARANCE

„DIE AUSSTELLUNG zeichnet die Gesten und Haltungen von vier DeserteurInnen nach, die im politischen Klima der 10er sowie der spaeten 60er und fruehen 70er Jahre die Rahmung der eigenen kuenstlerischen Handlungsraeume aus der Fassung brachten. Ihr Handeln hatte Anteil an der Sichtbarwerdung jener Zonen und Augenblicke, an deren Raendern die Kunst auszufransen beginnt. Ihre Gesten, die sich unmittelbar am eigenen Koerper und am eigenen Leben formierten, artikulieren aus retrospektiver Sicht die spezifischen historischen Bedingungen einer politischen und sozialen sowie einer physischen und mentalen Existenz im Kunstfeld.“

aktuell gefunden ueber das aktuelle heft der texte zur kunst (heft nr. 55, darin: koch, alexander: macht der kunst? „kurze karrieren“ im museum moderne kunst, wien)

ist es sinnvoll, ganze Tage mit Interviews voll zu packen

wir fragen uns ja manchmal. sind autoren einfach duemmer als das umfeld. oder versuchen sie mit ihren je eigenen strategien mit dem umfeld fertig zu werden? im zeitalter des internets wuerde es doch ausreichen. interviews per email durchzufuehren. dieses merkwuerdige selbstverstaendnis. dass man ja alles richtig und genau bei so einem interview machen moechte. ist nicht wenig haeufig anzutreffen. vielleicht sollte man als autor abwaegen. ob man trotz unglaublicher genauigkeit im interview genau den wortlaut oder den sinn im interviewtext danach auch wiederfindet?
schliesslich stellt sich die immer wieder die frage. warum autoren heute geradezu managerhaft ihre oeffentlichkeit organisieren muessen?

„Sven Regener, das spuert man bei diesem rasanten Auftakt, will keinen Smalltalk zum Warmwerden, er will direkt zur Sache kommen, zum neuen Buch, zu Frank Lehmann. Er sagt, er koenne das gar nicht anders. Ein Interview fordere von ihm volle Konzentration und mache ihn nervoes, der Tag sei dann in der Regel gelaufen. Da ist es sinnvoll, ganze Tage mit Interviews voll zu packen, und so ist dieser Mittwoch im Café Einstein in Berlin-Tiergarten schon der zweite Tag, an dem Sven Regener von morgens bis in den fruehen Abend hinein Rede und Antwort steht. Im Einstundentakt, versteht sich, denn das Interesse an Regeners zweitem Lehmann-Buch ist gross, was natuerlich an dem ueberwaeltigenden Erfolg seines 2001 veroeffentlichten Romandebuets „Herr Lehmann“ liegt“

Dialektik mit Seelachsschnitzel – gerrit bartels, TAZ 06.09.04

und es sollte bedacht werden. es gibt auch die moeglichkeit sich dieser form von oeffentlichbarmachung zu verweigern.

schriftsteller. die keine oder kaum interviews geben u.a.: wiktor pelewin, thomas pynchon, don lelillo, salinger, patrick suesskind, haruki murakami