Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift testcard (Nummer 15) widmet sich dem Medium, ganz im Sinne von McLuhans Diktum, dass das Medium die Message, die Massage oder schlicht der Mess ist. Die Beiträge sind divers, aber einige sind direkt auf Medientheorie zugeschnitten, wie der Beitrag „Galaxy Quest. Ein Versuch zur kritischen Theorie der Netzwelt“ von Roger Behrens.
Roger Behrens Beitrag fängt zwar interessant an, endet jedoch mit einer herben Kritik an McLuhan. Notieren werde ich mir McLuhans vier Epochen der Menschheitsentwicklung, die auch vier Stadien der Medientheorie repräsentieren:
- Epoche der oralen Stammeskultur: wichtiger Sinn das Ohr, Medium ist die gesprochene Sprache
- Epoche der Manuskriptkultur: wichtige Sinne Auge und Ohr, Medium ist die Handschrift
- Epoche der Gutenberg-Galaxis: wichtigster Sinn das Auge, Medium ist die Schrift
- Epoche der Elektrizität: das Zeitalter der Angst, Medium ist die Elektrizität
Im weiteren Verlauf des Beitrags setzt Behrens McLuhan jedoch gegen den medientheoretischen Ansatz der Kritischen Theorie an und wirft McLuhan Realitäts- oder Wirklichkeitsferne vor. McLuhan sei ein typisches Kind des Lingustic Turns, der sich nur noch für die Zeichenebene interessiert (vgl. die letzte Epoche der Elektrizität). Nur noch die Vernetzung der Zeichen der Realität sei ihm wichtig, nicht mehr die Realität, die diese Zeichen repräsentieren (vgl. Signifikatproblem).
Das ist, meiner Meinung nach, zu weit hergeholt und geht von einem gänzlichen, leider viel zu gängigem Missverständnis des Lingustic Turns aus. McLuhan wird offenbar bis zur letzten Epochenschwelle gefolgt und dann wird er „verstossen“. Aufgrund der geringen Realitätsnähe wird ihm auch der Status als Medienkritiker abgesprochen.
Man sollte es lieber, wie schon Frank Hartmann anmerkte, mit McLuhan so halten:
Vielen Medienwissenschaftler ist McLuhan daher zu „unwissenschaftlich“ – gerade so, als wäre Wissenschaft nur auf das inhaltlich Quantifizierbare beschränkt. Von anderen wird er als vollkommen integrierter Prophet der elektronischen Medien bezeichnet und damit auch ziemlich fehlinterpretiert.
Vorlesung philosophische Grundlagen, Medienphilosophie – Frank Hartmann