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Schlagwort: Theorie

eine neue linke :: muesste endlich die richtigen fragen aufwerfen

mark terkessidis setzt sich mit der wahlalternative WASG und der hoffnung einer neuen linken alternative auseinander. da deren argumente weit hinter den fragestellungen der globalisierungskritiker zurueckbleiben:

In der globalisierungskritischen Bewegung wird seit geraumer Zeit über die „Multitude“ gesprochen, also über die Vielheit. In dieser Debatte ist sicher nicht alles Gold, was glänzt, aber zumindest werden die richtigen Fragen aufgeworfen.

strebsame retter des grossen ganzen (TAZ, 20.06.05)

kleiner sammler :: das positive barbarentum

zum begriff der positiven barbarei:

… raulet, gérard: positive barbarei. kulturphilosophie und politik bei walter benjamin. westfaelisches dampfboot. muenster 2004 (einleitung)

… die entsprechende aufnahme bei negri/hardt: revolt.deconstruct.mutate

sind wir barbaren. gestalten revolutionärer subjekte (workshop queer-days)

… foltin, robert: immaterielle arbeit, empire, multitude. (pdf)

… barbaren. kampfvokabel der gegenwart. symposium steirischer herbst 2002

barbaren fuer die steiermark – interview mit den veranstaltern des symposiums (malmoe)

kultur hat immer eine barbarische seite – klaus theweleit im interview (2002)

das gleiche :: als differenz

Postmarxisten, Diskursjockeys, unorthodoxe Gesellschaftskritiker beschäftigen sich seit 20 Jahren vornehmlich mit Phänomenen wie Differenz, Culture Jam, mit distinkten Identitäten, dem Zusammenprall und auch der fröhlichen Vermischung von Unterschiedlichkeiten. Differenz ist spannend, Gleichheit fad. So wie die anderen will ohnedies keiner sein: Mainstream ist das Letzte. Jeder wünscht sich als eine unverwechselbare Type zu sehen, eine Sehnsucht, die mit dem Markenbewusstsein moderner Ich-AGs harmonisiert. Diese existenzialistische Wende (Diedrich Diederichsen) war die linke Spielart der Individualisierung: Gender-, Schwule- und sonstige Diskurse waren und sind erstaunlich widersprüchlich codiert – die Forderung, als gleichwertig respektiert zu werden, korrespondierte mit dem eingeforderten Recht aufs Anderssein, auf Differenz.

eine harte lehre fuer metropolitane kulturlinke: gleicheit, nicht differenz ist das problemfeld der stunde – robert misik (TAZ, 03.05.05)

hotel, container, zelt – projekt holert/terkessidis

In unserer Untersuchung soll es also darum gehen, das Hotel, den Container und das Zelt als Orte und Objekte zu betrachten, in denen sich unerwünschte und erwünschte Migration verdichten – als durchlässige oder abgedichtete Räume und Gegenstände, welche mobilisieren und mobile Personen im Zustand des Transits erstarren lassen – als psychogeografische Topoi, die Subjektivierungen stimulieren und steuern und die Bilder migrantischer Subjektivität strukturieren.

projekt „hotel, container, zelt – orte und objekte der migration“ von tom holert und mark terkessidis (transmigration.org)

die banalitaet des rassismus :: terkessidis

Das teilt sie mit anderen Einheimischen, die sich wundern, dass man als „Südländer“ nicht bei brütender Mittagshitze das Gesicht in die pralle Sonne halten möchte. Oder mit wiederum anderen, die kaum verstehen können, dass man es nicht toll findet, bei 35 Grad im Schatten draußen Sport zu treiben – schließlich sei das doch „unser“ Wetter.

aus der leseprobe zu mark terkessidis buch „die banalitaet des rassismus“ (transcript-verlag – pdf)

die kartographie :: des verschwindenlassens

Wenn man in Israel/Palästina einen Besuch bei Organisationen macht, die etwas mit Menschenrechten zu tun haben, dann verlässt man das Büro stets mit einer Karte in der Hand. Peace Now in Jerusalem etwa verteilt detaillierte Karten, auf denen die neuesten „Outposts“ der israelischen Siedler im Westjordanland verzeichnet sind – dabei handelt es sich zumeist um einen Container oder eine Baracke, mit deren Hilfe eine neue Landnahme angezeigt wird. Bei der UN-Organisation für humanitäre Angelegenheiten (Ocha) in Gaza-Stadt erhält man eine „Closure Map“, eine Karte, auf der die Mobilitätsblockaden der israelischen Armee in Gaza verzeichnet sind.

auffahrt ins nirgendwo – mark terkessidis (TAZ, 12.04.05)

TAZ :: muss. wer rudi dutschke sagt. auch gewalt sagen

interessant ist sie schon. die diskussion ueber das kleine baendchen „rudi dutschke andreas baader und die raf“ – besonders wenn man die aufsaetze selbst dann mit anliest. dann kann man saemtliche fein- und grobheiten der dispute noch genauer festmachen:

Jeder spürt heute: Es bräuchte mehr, nicht weniger Guerilla-Mentalität. Was, wenn unsere drei Hamburger Helden nur dieses Gespür aggressiv wegzuschreiben versuchen? Seine eigene Gewaltfaszination kann kaum einer der in dem Sammelband vereinigten Texte verbergen, vor allem die schwüle Dokufiktion Karin Wielands nicht, die Andreas Baader fast so verfallen sein dürfte wie einst die Meinhof. Das Leiden an der eigenen unheroischen Existenz wird hysterisch abgewehrt. Die eigene Gewaltfaszination wird am Chiffre 68 abgearbeitet. Die Sehnsüchte, die gewissermaßen negativ in jedem dieser drei Texte eingeschrieben sind, sind gewiss nicht nur am Hamburger Mittelweg verbreitet. So gesehen ist die Debatte Teil einer Symptomatik – und interessant.

lob der guerilla mentalitaet – robert misik (TAZ, 15.03.05 – in der reihe „muss. wer rudi dutschke sagt. auch gewalt sagen?)

… aus der reihe
fantasievolle ueberraschungen – klaus meschkat (TAZ, 01.03.05)
der eskalationsstratege – wolfgang kraushaar (TAZ, 08.03.05)

… rudi dutschke andreas baader und die raf – hamburger edition 2005

genial dagegen :: robert misik

Here he comes! Der Entertainer unter den Sozialkritikern! Der Mann, der mit Pointen auf George W. Bush schießt, als kommandiere er Cruise Missiles. Michael Moore, Amerikas dickste Smart Weapon: Lachen für den Frieden, Witzeln gegen Rechts, Pointen für den Regime Change. Das Publikum tobt.

aus: robert misik: genial dagegegen (aufbau, maerz 2005)
zit. nach: ueber den mehrwert der mageren zeiten (standard, 06.03.05)

die anderen haben eine andere kultur

Längst fügt sich das in eine ebenfalls schon wieder ein paar Jahre alte Tradition des Neorassismus, der in kultursoziologischen Kreisen auch unter dem Label „Kulturalismus“ bekannt ist: denn der klassische, biologistische Rassismus ist weit gehend verschwunden. Der moderne Rassist ist in der Regel nicht der Meinung, der andere sei genetisch minderwertig oder in irgendeiner naturwissenschaftlichen Hinsicht rassisch schädlich – er erlaubt sich nur den Hinweis, die anderen haben eine andere Kultur.

kultur ist, wofuer man toetet – robert misik (standard, 19./20.02.05)

beseelte museumsstuecke

Verkompliziert wird die Sache noch durch den Umstand, dass diejenigen, die in diesem Sinne noch „Kultur“ haben, keine bewusstlosen Wilden sind, sondern gewissermaßen beseelte Museumsstücke. Sie beherrschen zwar möglicherweise die Zeichensprache der globalen Kultur nicht vollends souverän, aber sind doch von ihr überschrieben, und sie wissen, dass sich ihre Lebensart mit dem Wort „Traditionspflege“ auf einen schönen Begriff bringen lässt – egal, ob es sich jetzt um die Bäuerin handelt, die einmal in der Woche noch das Brot „wie früher“ bäckt und sich ansonsten 23 TV-Programme reinzieht, oder der Imam, der unter seinen knöchellangen Gewändern Nike-Sportschuhe trägt.

oh kultur, oh schutz vor ihr – robert misik (TAZ, 02.02.05)