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abschaffung des “preisverleihungsunfugs”

der oesterreichische literaturbetrieb kennzeichnet sich eher durch „geschlossenheit“ nach aussen aus. denn durch auseinandersetzung ueber seine bedingungen. A-XIT – die betriebskantine – wie Sie sie hier in einer ueber die jahre natuerlich veraenderten form vorfinden – hatte ihre inititation vor einigen jahren auf dem steirischen herbst. wo ich im rahmen der praesentation der experimentellen literaturzeitschrift „perspektive“ ein auflistung begonnen habe. eine fast „buchhalterische“ aufrechnung von preisgeldern, stipendien, foerderungen, widmungen, nennungen, gegenseitiger einladungen zu literarischen veranstaltungen. der geschlossenheit der bedingungen eines feldes ist am offensivsten mit „zahlen“ – oder wie man heute immer so schoen ruft – fakten am schnellsten entgegenzutreten. wenngleich dieses offensive den groessten widerstand hervorruft.

im standard findet derzeit ein aehnlicher disput statt: robert menasse ist der „casus operandi“ – an ihm reiben sich die rechnungen. michael amon (der, wenn man weiter recherchiert durchaus kein „freund“ von menasse ist – es hat es fertiggebracht. einen essayband von menasse mit einem „zu-wenig, zu marktgaengig“ zu rezensieren) hat in wie literaturen ueberleben koennen genau das gemacht, was ich bereits seit einigen jahren mache. aber nicht mehr oeffentlich aufrechne: recherchiert wieviele preise, foerderungen und stipendien menasse in nur wenigen jahren erhalten hat (eine monatssumme von um die 2000 euro wuerde dann fuer einige jahre zusammenkommen). daran haengen sich nun die freunde von menasse auf wie michael koehlmeier in die rache der zu-kurz-gekommenen und versuchen zum einen sich selbst der betrieblichen „unschuld“ zuzufuehren und zum anderen die rechnungen von menasse nach unten richtig zu kontexten.

der eigentliche knackpunkt dieses disputes ist jedoch nicht. wieviel geld menasse erhalten hat oder welche preise mit welchen geldern. dies ist – wenn man so will – nur die letzte stufe des betrieblichen kletterbaums. die stufen davor sind die interessanten und jene. die gerne lieber „euphemistisch“ umschrieben oder schlicht ignoriert werden.

manon wird zum neider, zum zu-kurz-gekommenen. der selbst mindestens soviel gelder wie menasse haben will. das mag so sein. ist aber aus dem kommentar zu menasse nicht zu extrahieren (da kennen sich die „herren“ wohl besser untereinander. um solche einschaetzungen zu machen). interessanter an seinem kommentar ist der hinweis. dass der aktuelle preis an menasse von nur einem juror – robert schindel – verliehen wurde. das wuerde eine diskussion ueber juroren dringlich noetig machen (vgl. zeyringers polemik gegen die juroren-seilschaften im literaturbetrieb: „Zunehmende Festmasse“, standard 29.9. 2001*).

neben dem juroraspekt hat manon noch auf die problematik hingewiesen. dass kleinverlage oft wenig betriebliche kontakte zu preisvergaben haben und die meisten preistraeger aus grossen verlagen rekurriert werden. hinter beiden aspekten liegen in gern gehueteter bluete die „seilschaften“ – wir koennten bourdieuhaft sagen: das regelwerk des literarischen feldes (ein machtfeld unter vielen). das sich ab einer gewissen arriviertheit hauptsaechlich ueber den oekonomischen aspekt konstituiert. bei einem geringeren arriviertheitsgrad noch ueber ideologisches kapital.

der disput ueber menasse wird schnell wieder versiegen. schliesslich reicht es. sich kurz gegenseitig „anzupoebeln“ und dann sitzt man wieder gemeinsam um einen foerderpreis. die forderung von amon. doch endlich die grundfesten des literaturbetriebs in frage zu stellen und z.b. fuer den anfang auf literaturpreise zu verzichten. wird niemand wirklich notwendig halten. dazu sind alle auf die eine oder andere weise von diesem bepreisungs/foerdersystem abhaengig.

ich habe vor ca. 10 jahren auf draengen einer literaturverpflichteten ebenfalls einen oesterreichischen foerderpreis. aber vielleicht hat mich gerade dieser preis besonders hellhoerig fuer strukturelle fragen gemacht. ich habe nie wieder ein ansuchen gestellt und habe es auch nicht vor. ich bevorzuge lieber die ganz profane abhaengigkeit vom monatlichen lohnzettel. 🙂 und glauben Sie mir. seilschaften sind wirklich alles andere als alpine bergluft: blau schon. naemlich blauaeugig. und das auch noch vorsetzlich.

ich empfehle fuer eine tiefere lektuere diverse ansaetze in perspektive oder/und in einem mehr buchhandlichen format „blicke von aussen“ – haas, schloesser, zeyringer (haymon, 2003)


* der zeyringer artikel ist im standard archiv zu finden: einfach in die suchmaske „festmasse“ eingeben. sonst an mich wenden. 😉

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