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Kategorie: Lektüren

Kleine Geschichte des Applaus (Tagesspiegel)

Eine kleine Historie des Applaus liefert der Tagesspiegel.

In Hände hoch wird eine historische Route aufgezogen und die Geschichte des Applaus versucht: „Mit der Verfeinerung des Kapitalismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird der Beifall als Ware entdeckt“ (Quelle: Hände hoch, Tagesspiegel 22.07.07)

Entwickeln Sie Ihre Differenzqualitäten!

Jetzt kramen Sie mal kräftig nach Ihren Differenzqualitäten!?

Denn heute ist es wichtiger beim Studieren – z.B. Germanistik, dass Sie sich von der Masse in Ihrem Lebenslauf unterscheiden, als sich schlicht darauf zu konzentrieren, sich wissenschaftlich mit Texten zu beschäftigen. Also unter uns Pastorentöchtern: Ich bin sehr froh, mein Studium schon lange hinter mir gelassen zu haben. Entweder man studiert heute und muss immer ein anderer sein oder man trifft sich mit gleichgesinnten Bachelors, die gar nicht wissen, wie man einen Text liest. 😉
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Die Metaerzählung: Autoren und ihre Laubsäge

Es mag ja sein, dass Autorinnen den Hang zum Buch ihrer handwerklichen Untauglichkeit verdanken, auch einer gewissen Lebensuntauglichkeit.

Aber: es müsste schlicht mal der Gegenbeweis erbracht werden, dass Autorinnen sehr wohl auch in Betriebe gehen und dort betriebliches, lohntechnisches Kleinholz machen und das mitunter auch nicht zu schlecht. 🙂 Das ewige Weitererzählen – auch so eine Metaerzählung – von unhandlichen, lebensunfähigen Autorinnen, die vor dem Strick zum Buch greifen, sollte endlich aufhören. Aktuelles Beispiel das Leben des Lutz Seiler:
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Theorie und Experiment sind sich selbst historisch geworden

Schon fast süß irgendwie:

Literaturtheorie und literarische Theorie-Experimente, wie sie die Nachkriegszeit bestimmt haben, sind sich selbst historisch geworden.

Quelle: Deutsches Literaturarchiv Marbach – Sommerschule 2007

Schön nun zu wissen, was für ein Fossil man tatsächlich (geworden) ist. 😉

Der Autor, der sein Gesicht nicht zeigen will (hat Brille, hat Haar, trägt Kleidung)

Weniger blutig, aber auch lustig: PeterLicht (D) will sein Gesicht nicht zeigen.

Naja, es gab schlechtere Texte bis dato in Klagenfurt. Aber auch dieser Text versucht einen jugendlichen Sound herzustellen, der real, reell und verdammt in & cool & naseweiss daherkommt. Ein leichter Plauderton wird eingenommen, und alles ist doch irgendwie dann wieder so empfindsam, obwohl der Ton des Textes dagegen hält. Auch bei solchen Texten schlaf ich weg. 😉

Aber immerhin mal was neues in Klagenfurt (man schläft ohnehin schon): Das Videoportrait ist gut selbst zusammengezimmert, ein ganzer Wikipedia-Eintrag ist befüllt, eine Webseite, die nicht viel verspricht und ein Text, der die irgendwie popkulturelle Buchtisch-Ecke bei Bunt weiter befüllen wird.

Update – bzw. ich habe mich natürlich geirrt – der Text ist:
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archplus öffnet während der Documenta ihre Archive: Text des Tages

Ne nette Idee und viel zum Lesen: archplus und ihre Aktion Text des Tages.

So profitieren auch Nicht-Documenta-Besucher: jeden Tag wird ein neuer Text aus den Archiven der Zeitschrift zum Download freigeschaltet (als PDF Datei). Bis dato findet sich darunter u.a. ein Text von Rem Koolhaas zum Thema Was ist eigentlich aus dem Urbanismus geworden oder von Günther Uhlig einen sehr interessanten Artikel zum Einküchenhaus.

Zaimoglu verehrt einen Dichter

Ich schreibe das hier einfach mal um, weil offenbar doch bei einigen mehr daran hängt, als man gedacht hat. 🙂 Also, wollen wir mal:

Dieser Text dient allein der Dichterverehrung, und doch werde ich keinen einzigen Vers, keinen einzigen Doppelzeiler zitieren, weil ich, der lange Zeit Gedichte nicht ausstehen konnte, es viel weniger ausstehen kann, wenn man die Poesie eines Meisters vorstellt, indem man beispielhafte Schnipsel aufführt. Der Dichter heißt Thomas Kunst, er lebt heute in der Heldenstadt Leipzig und arbeitet seit den 1980ern als sogenannter Bibliothekarischer Mitarbeiter in der Deutschen Bücherei. Das ist keine Schande – schändlich ist allein, dass er von seiner großen Kunst nicht leben kann, er verdient gerade mal so viel Geld, dass er nicht in die Bettelarmut absinken muss.

Quelle: Nieder mit den blassen Quallen der Poesie! (FAZ, 24.06.07)

Warum finde ich diesen Text nicht so gut, wie man ihn wohl andernorts mitunter gerne liest:
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Von Arno Schmidt kann man nichts mehr lernen, aha …

Wie schon gesagt, am besten lassen sich Zeitungsartikel lesen, die mit Urteilen über Artikelfernes nicht hinterm Berg halten. So kann man noch ein Interview über Simple Storys und Ingo Schulze lesen.

Kann man und dann findet sich im Artikel Simple Storys auch Aussagekräftiges in Sachen Arno Schmidt:

Man sieht es Ihrer Prosa nicht unbedingt an. Vermutlich ist das gut so, denn von Schmidt kann ein Autor kaum etwas lernen: Die Grenzen zur Epigonalität ist schnell überschritten.

Quelle: Simple Storys. Gespräch mit Ingo Schulze (Konkret, 6/2007)

Da wäre ich ja nie darauf gekommen, das da auch nur irgendeine Rezeptionslinie sich ziehen liesse. Aber bitte, heute ist ja alles möglich. Und von Arno Schmidt zu lernen, wer würde sich das schon trauen (zuzugeben). 😉 Denn die wissen ja alle nicht, was man heute sprachkritisch alles versäumen könnte, was man nachzuholen verpasst hat.

Im übrigen ist Schulzes Handybuch, um das auch mal endlich loszuwerden, ganz ganz langweilig zu lesen. Dieser alten Manier soll sich bloss kein Jungautor jemals epigonenhaft annehmen!

McLuhan: der modische Esoteriker

Interessant, was man in Nachrufen sonst noch für Urteile mitnehmen kann. In Können Bilder schreien macht sich Roger Behrens im Nachruf auf Rudolf Arnheim über McLuhan her:

Ganz entgegen der esoterischen und pseudo­idealistischen Medientheorie, wie sie vor allem verbunden mit dem Namen Marshall McLuhan zur akademischen Mode avancierte, ist Arnheims Forschung der Schlüssel zu einer verdrängten materialistischen Medientheorie

Quelle: Behrens, Roger: Können Bilder schreien (Jungle World, Nr. 25/2007)

Interessant vor allem, weil ich mit McLuhan noch nie mit Esoterik in Verbindung gebracht habe. Man lernt ja nie aus, nicht wahr!