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Kategorie: Lektüren

Soviel Automobil war noch nie: César und Rosalie

Eine interessante Autostrecke – gleich ist ja Godard mit seiner automobilen Tour de Force dran – in Claude Sautets César und Rosalie (1972). Soviel Auto war noch nie, mal als flotter, mal als praktischer Flitzer, immer im Rausch der Geschwindigkeit und kurz vor dem Aufprall. Das gute Ende immer nur dadurch, dass die gemeine Wiese als Ausweiche herhält. 😉 Auch schön der Konflikt zwischen Unternehmer (César) und Künstler (David), ersterer kauft alles auf und letzerer staffiert dann alles mit dem kulturellen Blick aus.

Oder was es alles online leider doch gibt: das Promigrab von Romy Schneider. 😉

Godards Week-End eine Satire?

Irgendwie schon ziemlich merkwürdig, in einer Programmzeitschrift Godards Week-End (1967) als Satire angekündigt zu finden. 😉 Kreimeier weist eher auf den manifesten Zirkuscharakter des Films hin, ich wuerde sagen, Godards Filme sind auch Thesenfilme und Week-End ist das in seiner Zuspitzung ganz besonders:

Diese Einstellung ist zugleich ein ironischer Kommentar auf den Kult des Individualismus, wie er im Zentrum des Spätkapitalismus steht. Keine zwei Autos im Stau sind gleich, und die Fahrer manifestieren noch auf ganz andere Weise ihre Differenz untereinander: mit den Dingen in ihren Autos, ihrer Kleidung und der Art ihres Zeitvertreibs.

Quelle: Von Godard sprechen – Kreimeier

Läuft heute um 0:35 im Ersten. Pflicht!

Banale Irrtümer /1

… zu glauben, dass sich die Hausmülltonne selbständig fortbewegt. Ganz im Gegenteil muss sie von Mietern eigenhändig vor das Haus bewegt werden. Leider finden sich nie Mieter.

Der diskrete Charme der Bourgeoisie: Kommunikation durch den Hammelbraten

3sat erfreut mich derzeit mit der Reihe „Der Zauber des Surrealen – Luis Buñuel und die Folgen„. Das interessante an Buñuels „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“ (1972) ist das völlige Fehlen von Medien.

So bedient sich die Bourgeoisie offenbar der noch älteren Kommunikation oder mittlerweile auch wieder neuen: dem Netzwerken. Man trifft sich zum Essen, zum Essen und zum Trinken und zum Essen. 🙂 Der Austausch passiert quasi durch den Hammelbraten. Sonst in Büros ab und an ein Telefon, das auch klingelt. Maschinelle Geräusche verhindern letztlich, dass Wahrheiten entstehen, über Ursachen gesprochen wird. Nur Träume, die wie Montageeinheiten nahtlos den Film vorantreiben, sind messerscharf an der Wahrheit, aber lassen den Zuschauer immer wieder ruhig ins Kissen fallen, sobald sie als solche erkannt werden.

Sofia Coppola: The Virgin Suicides

Ich fand bereits Sofia Coppolas Film Marie Antoinette (2006) ziemlich verschärft – ein Ausstattungsfilm, ja + nein, vor allem ein Film über Machtverhältnisse. Um Machtverhältnisse dreht sich alles in ihrem Film The Virgin Suicides, ihr Debütfilm aus dem Jahre 1999 nach einer literarischen Vorlage von Eugenides.

Es klingt zwar immer ein wenig angestaubt, aber es ist tatsächlich so, dass man den beiden Filmen anmerkt, dass eine Frau Regie führt. In beiden Filmen stehen Frauen im Mittelpunkt, die in Machtverhältnissen stehen, die sie nur bedingt (mit-)beeinflussen können. Marie Antoinette entwickelt eine bonbonfarbene Konsumlust und entwickelt sich zur Konsumikone ihrer Zeit, die Selbstmord-Schwestern schaffen diesen Ausbruch nicht, sie bestellen Reisekataloge und Modejournale, schwelgen in fremden Welten, ohne das Haus verlassen zu könnnen. Die Pubertät als Atom. 🙂

Weiterlesen „Sofia Coppola: The Virgin Suicides“

und wieder eine literaturzeitschrift …

Vor allem Literaturzeitschriften, die mit dem unschlagbaren Slogan aufwarten: Texte, die in keines der gängigen Schemata passen (Quelle: IDIOME – experimentelle Prosa – Literaturwerkstatt Berlin) sollte man gleich online liegen lassen.

Jedes neue vom Stapel gehende Magazin will Gängiges vermeiden und in keine Schemata passen. Das ist Küchenjargon – vor allem, wenn man sich ein wenig näher informiert, wird gleich von einem Jahrbuch für Prosa 2008 (Quelle: Prosawerkstatt Idiome) gesprochen. Schön, dass man immer gleich das Jahrbuch anstrebt – Text raus & K(l)assenarbeit!

Gilmore Girls und Boswell

Nach langer Pause habe ich mir wieder eine Folge der Gilmore Girls angesehen und bin prompt über das Referenzenszenario gestolpert, dass diese Serie so anspruchsvoll sein läßt.

Gerade noch mit James Boswell befasst gewesen, schon finde ich ihn flott zitiert bei den Gilmore Girls wieder. Während sich das Paar über die Stadt London unterhält, fällt ein Satz von Samulel Johnson: „When a man is tired of London, he is tired of life“ (Quelle). Das könne ja nur einer sagen, der noch nie eine Fernbeziehung gehabt hat. Rory Gilmore kontert haarscharf darauf: „Boswell war ja immer in seiner (Johnsons) Nähe“. So kalauernd also das, was von James Boswell heute übrig geblieben ist. Ich empfehle nur, lesen Sie sein Journal, das Londoner Tagebuch. 🙂 Da bleibt mehr als nur seine Beziehung zu Johnson zu entdecken.

Und immer noch da: die schreibende Kommode

Und im Gegensatz zum schreibenden Lageristen haben wir dann denn Autor in der kommoden Sofaecke, der jeden Wimpernzucker zu Papier bringt:

Martin Walser liegt auf einer Chaiselongue im Foyer eines Frankfurter Hotels. Er tut, was ein Autor am liebsten tut: Er schreibt.

Quelle: Die Neigung zum àœberfluss (Kölner Stadtanzeiger, 5.11.07)