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Kategorie: Lektüren

junge mitte :: richard wagner

es ist ja nicht immer so. dass schriftsteller auch journalistische und/oder essayistische texte schreiben sollten (manchen wuerde man zu gerne davon abraten. man belaesst es jedoch bei dem ach. wenn schon). weniger – oder besser immer weniger – kann man wirklich gute. weil zugleich analytisch und poetisch auf dem punkt gebrachte texte von schriftstellerinnen in zeitungen lesen. eine dieser wenigen ausnahmen heute: junge mitte von richard wagner (FR, 30.12.04):

Als Harald Schmidt aus der Südsee heimkehrte, sah er aus wie Gauguin ohne Bilder. Alle machten sich Gedanken über sein Aussehen, nach den Bildern aber fragte keiner. Sucht man nach einem Grundsatz für den Erfolg in unserer Gesellschaft, so trifft man in der unmittelbaren Nachbarschaft des viel beschworenen Jugendkults auf die Geschäftstüchtigkeit, mit der das Ego sich ins Rampenlicht zu rücken versteht.

selbstverliebtheit vs. selbstachtung

Bei Blei hatte die Selbstverliebtheit schon lange der Selbstachtung Platz gemacht.

Wiener Kindheit (berliner zeitung, 27.12.04)

es geht ja nichts ueber eine schmale rezensionierung und dann auch noch eingekasperte werturteile anbringen – gratulation. das macht uns franz blei gegenueber walter benjamin unglaublich sympathisch! 😉

oesterreich :: 2005

60 Jahre Befreiung, 50 Jahre Staatsvertrag, 10 Jahre EU-Mitgliedschaft – im so genannten Jubiläumsjahr 2005 steht à–sterreich ein neuerlicher Schub an Geschichtsverzerrung und Chauvinismus, an Opfermythen und diversen rot-weiss-roten Identitätskonstruktionen bevor.

oesterreich 2005 – das vorsorgepaket gegen ein Jahr Heimat-Feiern

– interessante aufsaetze etwa von streeruwitz und oliver marchart
… der film „Praktisch Nix“ von adreas dvorak (stream, download) – falls sie ton hoeren. geben sie uns bescheid 😉
… die krassen sticker und banner

brigitte :: goes kleist

also wir finden super. wenn kleist unter die brigitte-leserinnen kommt – die lesen das doch eh nicht! aber was meint wohl: „eine eigens für Brigitte hergestellte Sonderausgabe des Reclam-Bandes ‚Die Marquise von O…'“ (via litartworld) – nur eine neuauflage oder eine neu geglaettete auflage?
und fuers buecherregal eignet sich reclam nur bedingt. 😉

auch sehr untersubtil und literaturbewandert der chefredakteur der brigitte andreas lebert: „Kleist ist es meisterhaft gelungen, ein Frauenschicksal des 19. Jahrhunderts spannend zu schildern. Seine Themen, wie Sehnsucht, ewige Liebe, ungewollte
Schwangerschaft
oder ein Kind allein großziehen zu müssen, sind heute genauso aktuell wie damals, zeigen aber auch, wie sehr sich unsere Gesellschaft verändert hat.“ (via news und trends)

es lebe der popige euphemismus. da wird dann schnell aus einer vergewaltigung eine „ungewollte schwangerschaft“. nun ja – es hat sich nicht viel veraendert in unserer gesellschaft.

Was kommt als nächstes? Statt New Yorks Carrie demnächst also Sister Dorothea, geb. Mendelssohn, verh. Schlegel, statt flotter Beischlafstories also der Einschlafroman Florentin? Oder Gesund & Fit mit Lichtenberg, dem buckligen Physikprofessor? Eine Prag-Diät von und mit Franz K.? Liegt dem nächsten GQ-Heft Gottfried Kellers Erzählung „Kleider machen Leute“ bei, bringt Psychologie heute im neuen Jahr Gedichte Nikolaus Lenaus, der im Irrenhaus endete? Oder druckt Penthouse Lieder von Hugo Wolf, der an Syphilis starb, oder Chrismon eine kleine Blütenlese des Pfarrers Eduard Mörike, der sturzhagelvoll an die Friedhofsmauer seiner eigenen Kirchgemeinde urinierte?Pisa-Blüten (FR, 21.12.04)

… dazu auch: missverstand und ungefuehl (TAZ, 13.12.04)

… zu kleists „marquise von o“
… der gesamte text auf dem projekt gutenberg
die rede ueber den koerper. zum koerperdiskurs in kleists texten – andrea gnam (pdf)

mayroecker :: hat keine lobby

Darum besitzt diese Autorin keine Lobby

Priesterin der entzündeten Sprache (standard, 17.12.04)

da bliebe zu klaeren. was mit lobby gemeint ist. innerhalb der experimentellen literatur hat sie eine durchaus grosse lobby in den letzten jahren. gegenseitige lobgesaenge und widmungen gibt es zuhauf, ebenso foerderer und eine schar von juenger und juengerinnen. 😉