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re:publica 2010: Wo sind die Frauen?

Vor Kurzem war ich in Berlin auf der re:publica 2010 und wollte mich mal wieder nach einiger Latenzzeit auf den aktuellen Stand des Feminismus bringen. Dazu besuchte ich zum Thema zwei Panels: Feministische Netzkultur 2.0 und Das andere Geschlecht. Dabei kam immer wieder die Frage auf, wie sieht es tatsächlich mit dem Frauenanteil der re:publica aus. Genaue Daten gab es nicht, es war mehr so eine Schnellschuss-Gefühlsfrage.

Weil ich solche gefühlige Schieflagen eher nicht so mag, habe ich mich hingesetzt und mal die Daten aus 3 Jahren re:publica mir genauer daraufhin angesehen, das erste Jahr 2007 scheint online nicht mehr greifbar zu sein.

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Strolling – Clemente Susini: Venerina

Spannend find ich es immer, von einem Artikel auszugehen und sich ein wenig von Infos treiben zu lassen. Heute war das die Rezension der Luganer Ausstellung Corpo, automi, robot. Tra arte, scienza e tecnologia in der NZZ.

Ganz fehlt das Zwielichtige allerdings auch in der Villa Ciani nicht. Die in ihrer wächsernen Materialität an Olimpia erinnernde «Venerina» – ein berückendes Prachtsstück, das allein schon den Besuch der Ausstellung lohnt – liegt aus dem Rahmen fallend vor dem Besucher: den Kopf nach hinten gebeugt, eine dreifache Perlenkette um den Hals, den linken Arm ausgestreckt mit geöffneter Hand, den rechten leger gebogen, die schlanken Beine elegant übereinandergeschlagen – sie könnte verführerisch sein, wäre ihr nicht die Bauchdecke abgehoben und blickte man nicht direkt in die Innereien und die aufgeschnittene Gebärmutter, in der ein wohlgeformter Embryo ruht;

Quelle: Der Mensch und seine Maschinerien, NZZ 03.02.10

Diesen Hinweis fand ich nun wieder spannend und habe mich auf die Suche nach diesem Wachsmodell für anatomische Studien von Clemente Susini aus dem Jahre 1782 gemacht.

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Jörg Sundermeier plädiert für offene Kritik

Einer der rareren Artikel, der versucht mal wieder auf die Produktionsbedingungen im literarischen Feld zu lugen: Jörg Sundermeiers Warum es dicke Bücher heute schwer haben.

Das alles wäre weniger ärgerlich, würde es offen verhandelt. Doch über die Bedingungen des eigenen Schreibens wird lediglich am Kneipentisch gesprochen. In einem Literaturbetrieb, in dem die Journalisten nicht wissen, wer ihnen morgen das Honorar oder das Zeilengeld überweist, ist eine offene Kritik schwer möglich.

Quelle: Jörg Sundermeier Warum es dicke Bücher heute schwer haben, Jungle World 28.01.10

Nun ja, es ist ja nicht so, dass es da nicht schon genug Vorarbeit etwa von Bourdieu zum Literarischen Feld gegeben hätte. Das Problem, dass die Bedingungen im literarischen Feld nicht offen verhandelt werden, ist ja genau das, was das Spiel, die Arbeit im Feld am Laufen hält. Bourdieu nennt das die von allen geteilte illusio – der Glaube an das Spiel.

Bin umgezogen: dadasphin.de

Grund genug eigentlich, würde man denken, für einen Umzug. Die Dadasophin hat ein Buch und damit habe ich eine neue Webseite schnell hochgebaut.

Auf dadasophin.de geht es also jetzt erst mal weiter, nach und nach werde ich die Inhalte von hier nach dort aufarbeiten oder auch nicht. 🙂 Das lass ich mir selbst noch offen. Auch der RSS-Feed ist nun erneut neu.

Auf gutes und schnelles Wiedersehen! 🙂

Avantgarde-Bashing der gängigen Art

Die Rezeption lässt sich ja weniger bestimmen und trotzdem nervt mich dieses Nachtreten. Wer auch immer diesen Text für den Lyrikkalender des Deutschlandradios verfasst hat, hat sich mit Dadaismus noch nie beschäftigt, ihn gänzlich missverstanden.

Der stets auf überraschende Abweichungen bedachte Universalkünstler, Architekt und Dichter Kurt Schwitters (1887-1948) hat nach 1919 eine Reihe von Gedichten verfasst, die sich von der verbissenen Programmatik (Hervorh. Sylvia Egger) des von ihm unterstützten Dadaismus lösen und in der „Merzdichtung“ variationsreiche Formen des Wort- und Laut-Spiels zelebrieren.

Quelle: So, so!, Deutschlandradio Lyrikkalender

In einer Charakterisierung des Dadaismus als verbissen programmatisch findet man exemplarisch wieder, was man Avantgarden und deren Programmen immer nachsagt. Es ist schlicht langweilig, das immer wieder lesen zu müssen. Schliesslich ist ein Programm eben ein Programm und ist programmatisch, was meint, man positioniert sich, ob es anderen nun passt oder nicht.

TAZ: Über aktuelle Serien Plattitüden verbreiten

Im Grunde auch nur eine Plattitüde, aber man merkt, wie das Zeitungsniveau runtergeht, wenn es um Themen wie Serien und TV geht. Der aktuelle Artikel zu Serien und Serienstrukturen in der TAZ Wir Serientäter ist derart einfach zurecht gestrickt – schade, weil gerade aus den im Artikel durchaus genannten Qualitätsserien wie Mad Men lässt sich schon ganz andres rausholen. Was nun solche Serie mit dem Roman des 19. Jahrhunderts zu tun haben kann oder soll, bleibt schon eher beliebig – vor allem fällt dieser Vergleich regelmäßig, wenn grade nichts andres zur argumentativen Hand ist:

Semiotisch können es diese Reihen mit jedem großen Roman des 19. Jahrhunderts aufnehmen, ja sie sind selbst das Äquivalent zu den eminenten Textarchitekturen der bürgerlichen Epoche. Riesenwerke, die über den Fortgang von sechs, sieben oder mehr Staffeln gesellschaftliche Panoramen auffächern, wie es bislang nur die epische Literatur vermochte.

Quelle: Wir Serientäter, TAZ 30.1.10

Andre Bazin zum Festival von Cannes

Leider habe ich den Orginalessay von André Bazin aus dem Jahre 1955 noch nicht gefunden, in dem er auf die religiöse Dimension des Systems Cannes eingeht:

1955 beschrieb der französische Filmtheoretiker André Bazin Cannes als einen religiösen Orden, in dem der Kinobetrachter sein alltägliches, weltliches Leben aufgebe, um in den Festivalpalast, »jenes moderne Kloster des Cinematographen«, zu pilgern, den Gralsort der Cinephilie.

Quelle: Dauerparty im Klostergarten, Zeit 21.5.2008

Wiederabgedruckt in Englisch in Dekalog 3 – On Filmfestivals.

Sylvia Egger: Still Dialing Alice, Ritter Verlag (2009)

Buchcover Still dialing AliceAb 1936 widmete sich Marcel Duchamp der Idee eines transportablen Künstlermuseums, der Boîte en valise, die er 1941 schließlich als limitierte Luxusausgabe herausbrachte: Ein Koffer, in dem komplexe Faltsysteme ca. 80 miniaturisierten Reproduktionen duchamp’schen Kunst- schaffens Platz boten, „jederzeit verfügbar und vorzeigbar“, ein Prototyp des mobilen Archivs.

Ich werde als Archiv nicht die Totalität der Texte bezeichnen, die für eine Zivilisation aufbewahrt wurden, noch die Gesamtheit ihrer Spuren, die man nach ihrem Untergang retten konnte, sondern das Spiel der Regeln, die in einer Kultur das Auftreten und das Verschwinden von Aussagen, ihr kurzes Überdauern und ihre Auslöschung, ihre paradoxe Existenz als Ereignisse und als Dinge bestimmen.
(Michel Foucault)

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Revolver 21: Mark Peranson

Ein sehr guter Text von Mark Peranson Erst kommt die Macht, dann das Geld im aktuellen Revolver Magazin Nummer 21.

In der gegenwärtigen Konstellation könnte der Filmkritiker somit eine wichtige Funktion erfüllen, indem er seinen Lesern die Funktionsweise des System erläutert. (…) Die eigentliche Kritik muss an dem System (Film, Anm. S. E.) selbst ansetzen.

Quelle: Mark Peranson: Erst kommt die Macht, dann das Geld, Revolver 21