dadasophin.de

die straße als heiße ware – creep poetry

„es ist eine der ironien unseres zeitalters, dass sich heute,
da die strasse die heisseste ware in der werbekultur geworden
ist, die strassenkultur selbst im belagerungszustand befindet. „
[1″>

die spannung zwischen den beiden sachverhalten. dass die strasse zum einen zur ware geworden ist (der flaneur war nur ein vorgaenger der heutigen konsumentin; andererseits wird die konsumentin heute wieder zur flaneurin, wenn man die kaufhausinseln unter dem aspekt des symbolischen kapitals begreift: ich sehe, also besitze ich) und zum anderen von den offiziellen institutionen streng ueberwacht wird (stichwort: surveillance [2″>), findet sich auch in aktuellen poetologischen und/oder avantgardistischen ansaetzen. innerhalb des avantgarde-spektrums – in diesem fall: der experimentellen literatur – werden jedoch zwei spannungszustaende sichtbar: die abgrenzung nach aussen – zum markt/zur ware und die abgrenzung nach innen – zur etablierten avantgarde, den arrivierten.

mit dem konzept der „creep poetry“[3″> bewegt brian kim stefans sich in diesem doppelten spannungsfeld: sein ansatz weist die arrivierten strukturen experimenteller literatur zurueck – vor allem die nachfolge der „language poetry“ (postlangpo) und die schule der „ellipticists“[4″> – und sucht anschluss an uebergreifendere strukturen wie online-vernetzungen und crossover communities. „creep“ fungiert dabei als eine„verschlagene“, unterirdisch schleichende technik oder im sinne certeaus als taktik im „sauberen“ raum [5″> (auch wenn brian kim stefans dem begriff nur eine placebofunktion zugesteht).

„creep poetry“ beruft sich in „klassischer“ avantgarde-manier auf die „radarfunktion“ von literatur bzw. geht noch eine spur weiter und interessiert sich fuer jene dinge, die sich unterhalb des radars befinden, rezipiert avantgardistische vorlaeufer wie breton als „moving target“ und situationisten in ihrer anarchistischen tendenz, die eigenen produktionsbedingungen im feld der kulturellen produktion zu ueberschreiten und in frage zu stellen. die ablehnung etwa der „language poetry“ resultiert fuer brian kim stefans vor allem durch deren zielsetzung, buecher zu machen und sich als autoren zu verstehen.

lesen sie weiter unter: avantgarde_under_net_conditions

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[1″> „reclaim the streets“ – in: naomi klein: no logo, s 321 2000
[2″> wie etwa die ueberwachung der strassen mittels kameras: „Digitale Videoueberwachung breitet sich aus“
[3″> der artikel „when lilacs last in the door, notes on new poetry“ wurde zuerst fuer die kolumne „metromania“ (third factory) eingefordert, dann aber von den editoren abgelehnt. er sei zu widerspruechlich und „verschlagen“.
stefans, brian kim: „loose notes on the „Creeps“-essay“
[4″> eine besonders ablehnende haltung wird gegenueber den „ellipticisten“ eingenommen: wenig informationen sind online zu dieser gruppierung zu finden. einziger uebereinstimmender bezugspunkt scheint die „elliptische“ konstruktion von gedichten zu sein nach folgendem schema: „I am X, I am Y, I am Z“. dabei ist die metaphorische spannung zwischen „ich“ und „X“ moeglichst „obskur“ anzusetzen. mittlerweile wird in schreibseminaren offenbar diese „elliptische“ technik am haeufigsten vermittelt und repraesentiert somit einen gewissen repraesentativen mainstream.
[5″> certeau, de michael: kunst des handelns, merve 1988

postmoderne && krawatten binden

[>] john barth exemplifiziert die postmoderne ganz neu: „It’s that which not only follows Modernism but follows from it. Postmodernism is tying your necktie while simultaneously explaining the step-by-step procedure of necktie-tying and chatting about the history of male neckwear – and managing a perfect full windsor anyhow.“ (john barth im interview via wood s lot)

[>] was machen ein auto und sein anhaenger mitten in der touristischen architekturhochsaison in mailand: sie markieren einen unfall im pflaster – „short cut“ sieht aus wie matrix. ist aber reale installationsware (hier das 3 d movie) – von michael elmgreen & ingar dragset (im interview) (via greg.org)

easycinema :: stehen ist leichter als gehen

„Humanisierung der Arbeit“ ist zum Schlagwort aus den
Siebzigerjahren mutiert, das nur noch Historiker interessiert.
„Wie moderne Arbeit aussieht“ – Marcus Schwarzbach, TAZ 26.5.03

[>] nach billigfluglinien (im grunde wollen wir alle doch nur zeit sparen – die umwelt ist uns ja prinipiell zweitrangig) kommt nun das billigkino: easycinema. der betreiber der billigfluglinie „easyjet“ (womoeglich bringt man das das eigene flugzeug gleich mit…) betreibt nun ein kino (bisher in england) ohne kasse (es gibt nur noch einlesegeraete fuer die zuhause via internet ausgedruckten karten). das popcorn bringt man sich auch selbst mit. wenns denn sein muss. (via metafilter)

[>] und warum gibt es weniger spanischsprachige weblogs? (pdf) (via metafilter) – und in polen sind 62% der weblogger frauen (das ist doch schon mal was!) – 12.000 weblogs allein im iran (nicht schlecht) – sie fungieren dort als alternatives medium zur zensurierten presse. – wir empfehlen (ja – wir sind spaet dran) die seite blocktalk live – als nachklang zur konferenz.

[>] gemaess unserer heutigen maxime „stehen ist leichter als gehen“ koennen wir uns den satz des aktuellen lyrikertreffen in muenster nicht verkneifen: „Wo steht der lyrische Nachwuchs, wo stehen die „lyrischen Aussenseiter“ heute?“ (aus der einleitung) – wir machen auch gerne wieder auf den „wortschatz des kanons“ in dieser einleitung aufmerksam: “ gewichtige Buchveroeffentlichungen“, „anspruchsvollen Lyrikzeitschriften und Anthologien“.

auch halten wir es fuer unfug. literatur, i.e. lyrik, mit derartig verquasten richtlinien zu belegen: „Ausgangspunkt des poetischen Prozesses ist sehr haeufig das panische Gefuehl, keine Woerter mehr zu haben, ohnmaechtig dem > ausgeliefert zu sein. Erst allmaehlich loest sich diese Stummheit, tastet sich der Dichter vor zu einem Versuch des Sprechens, der die Automatismen der > (Gerhard Falkner) ausser Kraft setzt.“ (aus der aktuellen lyrikpost 19 / 2003)

photoblog :: counting to 10

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photoblogs are … ?!

[>] die new york times resuemierte heute ueber das phaenomen „photoblog“: „Prospecting for Gold Among the Photo Blogs„.

These days you can get onto the Internet and see a pet bunny in Hokkaido, Japan, that balances pancakes and teacups on its head. You can gaze at what someone ate for breakfast in New York or Montana, follow a person through the streets of Chicago, see the bottom of a Brazilian swimming pool, travel to the center of an ice crystal.

im grunde laeuft die argumentation des artikels darauf hinaus. dass leute. die photobloggen. wohl viel zeit haben und durchweg amateure sind. dass es schwer ist. gute qualitaet zu finden etc. pp. natuerlich variiert die qualitaet der bilder sehr. aber warum laden photoblogger ihre bilder hoch? klar. nicht jeder blogger erreicht eine metaebene. und grenzt seine arbeit ab und ein. aber wichtig am photobloggern und mobloggen (dort werden ja weitaus vorlaeufigere bilder gepostet) ist doch die aktualiaet. die praesenz des oder der bilder. man muss bilderreigen moegen. das stimmt. aber wir favorisieren auch amateurhafte aufnahmen. wenn der knackpunkt mit zu sehen ist. wir finden es eher peinlich. wenn sich die new york times mit diesem satz aus dem artikel verabschiedet:

After a while all this intimacy got a little alienating. I needed some fresh air, air that hadn’t been photographed and posted. I clicked my mouse three times and recited: there’s no place like home, there’s no place like home, there’s no place like home.

ein paar links, die sich durchaus mit dem „wie“ und „warum“ des photoblogging beschaeftigen:
– The Empowered Amateur Manifesto (jonathan peterson) – ein art manifest ueber photoblogging: amateure vs. „big content“
Weekly INCITE: ein weblog. der sich u.a. auch der technologie und ethonographie des photobloggings angenommen hat:

But in talking to photobloggers and trying to write about photoblogs, I’ve found these historical precedents misleading: what they seem to be about isn’t what photoblogs seem to be about. Which makes me wonder whether “photographs” isn’t the wrong word for what photoblogs display and “photography” isn’t the wrong word for what photoblogs do, in the sense that the words “photograph” and “photography” contain our analytics for thinking about what photographs are and how they operate.„(INCITE)

– der artikel vom salon magazine The revolution will be photographed (einfach durch die werbung durchklicken :-))

japanese folds :: part one in wonderland

japanische blogs zu besuchen. ist auch immer eine photographische spezialitaet (ok. wir sind auch nur manchmal touristisch unterwegs. koffer! armbanduhr! hinlegen!). da es jedoch ne immense zahl an japanischen weblogs gibt. werden wir das in a journey without one cause bringen und mehrmals nach japan reisen. 🙂 (headsetter bleiben draussen!)

[>] ein alkoholisches getraenk namens hi-boy (was mag das sein…via sushicam)

[>] kulturelle vergleiche sind immer angebracht: „Based on this highly scientific analysis, we can determine that in ‚liberal‘ Germany everything is okay while in ‚ultra-conservative‘ Japan most things are not allowed (with a few massive exceptions like reinforced toe stockings with sandals, I mean, my gawd!). America lies somewhere in between.“ – so etwa: Informal clothing: 1 (usa) -1 (japan) -1 (germany) (via TokyoShoes) – auch hier zirkulieren die kleinkriege zwischen bloggern: ein update der kulturellen gepflogenheiten gibt uns japaneze: „She (TokyoShoes, s.e.) claims that using a moblie phone is frowned upon in restaurants. So wrong, I can only assume Tokyo Shoes walks round with a white stick.“

[>] eine kleine videotour (mp4) zu den „convenient“ einkaufsverhaeltnissen in japan (hat beinahe verkaufssendercharme!) (via mediatinker)

[>] fuer alle die schon mal da waren und immer wieder da sein werden: essen und trinken in tokyo – vor allem die restaurantbilder sind sehenswert.

[>] Super Shag Land – bewegen Sie sich im pacman stil durch ein land voller kondome 😉

[>] „Oshibori are the wet towels given in most Japanese restaurants – airplane style as I used to think.“ (via Notes To Myself)

[>] der anspruchsvollste photoblog. den wir kennen: pallalink – right from osaka: ADD YOUR COMMENT

[>] auch ein wirklich guter photoblog: hunkabutta – wie verhaelt man sich in bahnen? – werbung fuer einen energiedrink – strassenszene

[>] diesen bikini wuerden wir uns teilen! 🙂 (auch maenner lieben folklore. wenn sie auf diese weise verabreicht wird!) (via ChariOtaku) – und dazu hoeren wir musik von Keiko Lee and Doki Doki Monsters – einer frau. die … na abwarten (real) (via yakitori)

[>] da legen wir sofort ein kissen nieder: photobloggin mit tag-in-touch! – stickers – so spacig kann mcdonalds aussehen und graffitis sehen in japan aus wie hier. nur ein wenig vertikaler 😉 – in japan ist stark das moblogging verbreitet. was wirklich einen interessanten charme verbreitet – kurze. knappe und manchmal unscharfe photos aus dem visuellen gegenueber…

jeansnow sammelt die photos der graffitis, tags und street signs in einem art visuellen magazine: geisha – sehr aufregend!

und schliessen diese disperate reise ins japanische wunderland mit einer weiteren kulinarischen kuriositaet: was man aus wiener wuerstchen alles machen kann! (natuerlich mit piktorialer anleitung … via geisha asobie)

poetry is dead :: institutions alive

[>] bruce wexler hat die fragestellung. poetry is dead wieder in die aktuelle diskurssituation getragen. der „Ich-Generation“ der 70er folgte die „schnell-reich-werden“-Generation der 80er jahre und die kulturelle situation wurde immer posaischer. mehrdeutigkeit, komplexitaet und paradoxa sind nicht mehr teil des kulturellen geschmacks. wichtig waren genau definierte ziele und klare argumentation (als beispiel: ronald reagan). die 90er haetten daran nicht viel geaendert. sie haben nur das fortgesetzt. was die 80er vorbereitet haben.

[>] im gegenzug stellt friederich mielke in „Poetry and Politics – Dem folgt amerikanischer Gesang“ fest. dass die amerikanische „dichtkunst“ (auch so ein unwort – eigentlich) laengst nicht mehr „elitaer, akademisch, formalistisch und schwerverstaendlich“ sei – also Teil einer subkultur. heute seien sie jedoch teil der populaerkultur. “ – gedichtbaende stehen auf bestsellerlisten. die zahl der „rituellen orte fuer dichterlesungen“ nimmt staendig zu.

[>] damit sind wir mitten in der debatte um das litarische zweiparteiensystem: „akademie vs. slam“ (wie es besonders fuer den amerikanischen hintergrund gilt; slam muss man hier einfach mit „subsubsub“ rueckuebersetzen).

  • das konservative wird dabei durchaus in der institutionaliserung von literatur- und literaturbetrieb erkannt: robert peters weist in seinem buch „Where the Bee Sucks: Workers, Drones and Queens of Contemporary American Poetry“ auf die konservative mentalitaet jener autoren hin. die institutionen wie die „american academy“ dominieren – routiniert preisen sie sich gegenseitig und schanzen sich die auszeichnungen zu. sie dominieren diskurs und literatur der schreibseminare und universitaeten.
  • in The Center Cannot Hold: Slam, Academia & the Battle for America’s Bourgeoisie erlaeutert victor infante die institution „akademie“ und die damit einhergehende akademisierung von literatur. die literarische akademie rekrudiert aus den eigenen zirkeln, zieht stars hoch, vermittelt zu zeitschriften und programmen. „One friend recently joked to me that, if you were to compile a profile of the average poet contributor to the establishment-friendly New Yorker, they’d all own houses in the country that have been in their family for generations. And they’d spend a good deal of time pondering them.
  • auch dana gioia weist auf die verquickung von literatur und akademie hin: in „Can Poetry Matter?“ (1991) faechert sie die gegenseitige einflussnahme auf: die literaten lehren an universitaeten. wie man schreibt oder auch: „or, on the highest levels, how to teach others how to write poetry.“

Der Balkan beginnt in Klosterneuburg

die gelaeufige assoziation „hinter wien beginnt der balkan“ wird durch die aktuelle ausstellung „blut und honig“ der sammlung essl konkretisiert: „Der Balkan beginnt in Klosterneuburg.“ zum einen interessieren wir uns bestaendig fuer das was & wie des balkans. in diesem fall hat uns aber die rezension in der aktuellen zeit „Blut & Honig Wien zeigt junge Kunst vom Balkan“ (christof siemens – leider nur in der printausgabe) wieder auf das beliebte genre „rezensionsbashing“ aufmerksam gemacht: vor allem wird am kurator harald szeemann mittlerweile kein schlechtes argument mehr ausgelassen:

  • „Der eigentliche Star der Show ist der Kurator, im Lichte seiner Prominenz finden die ach so authentisch gebliebenen Provinzler den Weg in die Kunstmetropolen.“ (zeit nr. 22)
  • die kuratortaetigkeit von szeemann erhaelt einen eigenen bashing-bonus: kunstkolonialismus (zeit nr. 22)
  • die arbeitssituation des kurators wird dem casting einer nummernrevue gleichgesetzt (angeblich auessert sich szeemann selbst ueber seine taetigkeit so im austellungskatalog): „Wochenlang wurden ihm zwischen Sarajewo, Prishtina und Tirana im Halbstundentakt Kuenstler vorgefuehrt, wie eigenstaendige Kunstwerke werden Szeemans Notizen aus diesen Castings im Katalog praesentiert. (vulgo: szeemann sucht die superstars!)
  • Balkan [tuerkisch: Gebirge; aus den tuerkischen Silben bal = Honig und kan = Blut“>
  • szeemann im gespraech bei den vorbereitungen zur ausstellung (v.a. in belgrad – real audio)
  • ein interview mit szeemann zur ausstellung

aber welche kontexte sind nun wirklich interessant (unter vielen anderen):
>> IRWIN: East Art Map – „Unter dem Titel EAST ART MAP initiiert und leitet IRWIN eine gross angelegte, kritische Recherche und Erstellung einer Datenbank zur osteuropaeischen Kunst. Das Projekt ist zugleich als offenes Kunstwerk und partizipatorisches Unternehmen angelegt, repraesentiert somit utopische WebArt.“ (museutopia)
>> mark verlans „globus von moladawien“ – mit moldawien als geographischer mittelpunkt
>> „Fuck You – Sokol Beqiri arbeit stellt das eben genannte mit albanischen nationalflaggen nach…er nutzt dazu das internationale marinealphabet.
>> Luchezar Boyadjiev OVERLAPPING IDENTITIES: „With the notion of Deep Europe we refer to a new understanding of Europe, which leads away from the horizontal measurement of the size of a territory (thus including East/West etc.), towards something that could be called a vertical mapping, or a vertical measuring of the different cultural layers and identities in Europe.“ (inke arns) – ein interview mit geert lovink
>> subreal – datarooms – serving art – 5 suitcases
>> rassim – „The main question about RASSIM is: is he an artwork or is he for real? The question could be rephrased to: Has anyone ever made love to a work of art?“ (webseite)
>> Labin Art Express