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bambiland ist durchgebrannt

imagebambiland von elfriede jelinek laeuft ja nun in der inszenierung von schlingensief im burgtheater“>“ von elfriede jelinek laeuft ja nun in der inszenierung von schlingensief im burgtheater in wien. da kann man sich dann gleich wieder die rezensionen von den fingerkuppen puhlen oder die falschen rosinen aus der zeitung klauben. jedenfalls ist es natuerlich eine explosive kombination (oder spricht man. wenn man das burgtheater noch miteinrechnet. schon von triathlohn?). die die presse zuerst zu wahrnehmungs- und spaeter zur rezensionsexperimenten herausfordert (wie immer bei burgtheaterinszenierungen, besonders in dieser konstellation). nicht immer gelungen. aber interessant:

nummer eins in der wahrnehmungsskala motto „auch gelungen und uninteresant“:

Mutti, darf ich wieder schauen? – Ja, jetzt ist die Buehne zu. Jetzt kannst du die Schriften lesen wie am Schluss im Kino: Elfriede Jelinek, Bambiland, Urauffuehrung, Vorauffuehrung, zweiter attaistischer Abend. – Mutti, was heisst atta-istisch? – Atta, atta: Hab ich schon gehoert. So was wie alternativer Abend. Sie haben heute nicht das Bambiland gespielt, sondern was anderes, was Alternatives. Vielleicht ist der Heinz Zuber erkrankt, der immer so schoen die Tiere spielt im Burgtheater. Weil du so brav warst, gehen wir jetzt noch ins Schnitzelland und du bekommst dort ein wirkliches Schnitzel. – Gehen wir einmal ins richtige Bambiland? – Freilich, aber nie mehr ins Burgtheater, sondern zum Doktor Pechlaner.

Bambiland, ein Serien-Missverstaendnis – hans haider, die presse 15.12.03

vor allem schlingensiefs adaption von texten ins eigene „nest“ wird kritisiert: er nimmt den text von jelinek und pickt ihn in sein „church of fear“-konzept:
Der Text von Elfriede Jelinek zeichnet sich durch grosse Koheraenz und Stringenz und auch durch Ironie aus – eben ein typischer Jelinek-Text. Damit koennte man schon etwas machen, man brauchte ihn nicht gleich wegzuwerfen, um etwas Eigenes zu basteln. Wenn man das gerne macht, kann man gleich zu Hause Theater spielen. Schlingensief hat sein uebliches Improvisationstheater mit vielen Kasperl-Figuren gemacht. Da koennte er gerade so gut die Maerchen der Gebrueder Grimm als Vorlage nehmen, oder irgend ein Kochbuch. Das ist alles egal.

Barbara Viliger-Heilig , nzz zit. nach oe1.orf.at
der standard setzt schlingensiefs arbeit der permanenten ueberforderung sehr wohl (nicht immer mit recht. aber mitunter zu recht) in den kontext von filmischer avantgarde:
Alles, was Christoph Schlingensief auf filmischer und auf der Tonebene bietet, ist weit ueber dem, was wir hier selbst im Kino – ausser vielleicht im Avantgardekino – geboten bekommen. Ob es eine schluessige Montage ist, mag dahingestellt bleiben, es ist jedenfalls eine interessante Uebung in Ueberforderung.

Claus Philip , standard zit. nach oe1.orf.at
die „ueberforderung“ wird mit der ausgabe von ohropax vor der auffuehrung schon angezeigt:
Es ist aber auch sehr symptomatisch fuer einen Abend, an dem die Garderobiere vorher Ohropax ausgaben. Friede unseren Gehoergaengen! Trotzdem: Nachher ueberall Tinnitus. Und das mulmige Gefuehl: Wie kommt man gegen dieses Bombardement an, wie bringt man sich ein? Die klassische Kriegsberichterstattungs-Erschoepfung.

..und wieder einmal der Verdacht: Man hoert nicht richtig!, standard

die nzz hat sich gleich den ganzen weg vorgenommen. und den absprung aus dem zynischen lager in den individuellen aktionismus „machen sie das auch zuhause – dafuer brauchts nicht viel!“ geschafft. sie schlaegt vor. dass man doch einen huebschen sylvesterabend dazu nuetzen koennte, um jelineks „bambiland“ eben einfach zuhause in schlingensief manier aufzufuehren:
Ich persoenlich empfehle der geschaetzten Leserschaft, statt nach Wien zu reisen, lieber eine eigene >-Improvisation kostenguenstig daheim zu veranstalten, vielleicht am Silvesterabend. Es ist ganz leicht. Lektueremaessig koennen Sie sich darauf mit Jelineks hoch inspiriert schnoedem, witzig makabrem Text einstimmen (> druckte ihn ab; jetzt erscheint er bei Rowohlt), aber Sie muessen nicht. Als Textmaterial zum Vorlesen reicht auch eine alte Zeitung oder > oder das Strassenverzeichnis oder Ihr Tagebuch.

Bayreuth fuer alle, nzz 15.12.03

weitere links:
… Messias bitte kommen in der frankfurter rundschau, 15.12.03
Jux primae noctis in der sueddeutschen, 15.12.03
Himmel ueber den Kirchen in der TAZ, 15.12.03
… die photolandschaft zu bambiland
… jelineks buehnentext bambiland zum nachlesen
… remove your fear – was ein inputfeld und die aufforderung, seine angst aufzuschreiben und abzusenden (i.s. von remove) alles vermoegen 😉
… die homepage der church of fear (COF), selbstverstaendlich mit den aktuellen „infernalischen“ bildsequenzen aus dem wien der aktion
interview mit elfriede jelinek ueber verkehrsampeln und mit auszuegen aus ihrem al jazeera interview 😉

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