Wenn man sich die Tribes – vulgo Online-Diskussions-Gruppen – zu Themen wie Walter Benjamin, Adorno, Situationisten, Dada, Futuristen (etc. pepe) allein von den Mitgliederzahlen her ansieht, würde man meinen, es gäbe nur Walter-Benjamin-Interessierte, Adorno-Fetischisten, Parade-Situationisten, Dada-Lovers oder Kern-Futuristen:
Weiterlesen „Theorie und Tribes: überall Theoriewillige!“
Beiträge
Die Guillotine des Verschlusses
Das Dichterfoto hochrechnen: Thomas Pynchon
In der Geisterfalle: Die Rolle der Fotografie bei der Dichterpose
Das Autorenbild: kein Kriterium für eine Kritik?
Hybride Repräsentanz: Thomas Mann im literarischen Feld
Eine tiefergehende Analyse von Thomas Manns Position/ierung im literarischen Feld findet sich in der Tagung „Hybride Repräsentanz. Die Erfindung des Schriftstellers Thomas Mann“ (2005, Literaturhaus München). Dort wurden Themen wie „Strategien der Ruhmesverwaltung“ (Thomas Sprecher), Stilisierungsweisen (Klausnitzer), kunstreligiöser Habitus (Ort), Repräsentationssemantik (Hagestedt) und der Erfolgsautor Thomas Mann (Haefs) verhandelt.
2007 erscheint wohl der Tagungsband im de Gruyter Verlag (Quelle: Veröffentlichungsverzeichnis von Claus-Michael Ort, PDF):
Michael Ansel/Hans-Edwin Friedrich/Gerhard
Lauer (Hrsg.), Hybride Repräsentanz. Die Erfindung des Schriftstellers Thomas Mann. Berlin: de Gruyter 2007.
Thomas Manns Position im literarischen Feld
Was man alles so unter dem Begriff „literarisches Feld“ subsummiert: Unter dem Tagungspunkt „Thomas Mann im literarischen Feld“ (Kolloqium des Kreises der jungen Thomas Mann-Forscher „Thomas Manns kulturelle Zeitgenossenschaft„) findet sich im Grunde nur ein Referat/Statement, dass sich tatsächlich auf das literarische Feld bezieht, Tim Lörkes „Selbstbewußte Konkurrenz: Ein Autor erobert das Feld„.
Aber wer weiss, womöglich beziehen sich die anderen beiden Referenten auch auf diesen Begriff. Die Titel „Thomas Manns Konzept des Epochenromans“ und „Der Roman als Kosmos“ klingen aber nicht gerade danach.
Der Krimileser und seine unglückliche Beziehung zum kulturellen Kapital
Sehr schönes Zitat von Franz Schuh hinsichtlich der Affinität zur Kriminalliteratur. Jetzt endlich begreife ich, warum ich irgendwann begonnen habe, Krimis zu lesen. Wenngleich mich dann gleich beide Muster, die Bourdieu anführt, treffen würden: Mein kulturelles Kapital habe ich einerseits nicht geschafft gänzlich ins schulisches zu überführen und habe mir das meiste auf „illegitimen“ Wege angeeignet:
„Leute“, sagt Bourdieu, die „ihr kulturelles Kapital wesentlich der Schule verdanken“, haben die ausgeprägte Tendenz, „sich der schulmäßigen Definition von Legitimität zu beugen und ihre Investitionen innerhalb der Bereiche ganz strikt nach deren von der Schule zuerkanntem Wert auszurichten. Demgegenüber reizen ,mittlere Künste‘ wie Film und Jazz oder stärker noch wie Comic, Science fiction und Kriminalroman vorrangig jene zum Investieren, denen die Umwandlung ihres kulturellen Kapitals in schulisches nicht gänzlich gelungen ist, daneben solche, die die legitime Kultur nicht auf legitime Weise erworben haben, d. h. nicht von frühauf mit ihr vertraut wurden, und nun zu ihr eine objektiv und/oder subjektiv unglückliche Beziehung haben.“
Quelle: Bourdieu zitiert nach Franz Schuh: Dekadenz schwächt und hält zugleich am Leben. (Der Standard, 20.04.02)
btw: Falls jemand das Zitat an einen konkreten Bourdieu Text festmachen kann, wäre mir gedient. 🙂
UPDATE: Dank Lars ist jetzt die Stelle dingfest gemacht:
Bourdieu, Pierre: Die feinen Unterschiede. Suhrkamp Taschenbuch, S 154.
Querelles Jahrbuch 2007: Schwerpunkt zu Bourdieu
Das Querelles Jahrbuch für Frauen- und Geschlechterforschung widmet sich in seiner Ausgabe Band 12 (2007) Bourdieu: Prekäre Transformationen. Pierre Bourdieus Soziologie der Praxis und ihre Herausforderungen für die Frauen- und Geschlechterforschung (208 Seiten, Wallstein Verlag).
Begriffe: Zitation
Schon eigens interessant, wie die Wissenschaft sich selbst misst und welches Instrumentarium und Quellgut ihr dazu zur Verfügung steht, hier jedoch erwähnt, weil auf den Zusammenhang von Zitation und Distinktion aufmerksam gemacht wird:
Heinz-von-Foerster-Zitierer dürften eher Radikal-Konstruktivistisches im Sinne haben, Pierre Bourdieus „Feine Unterschiede“ Zitierende eher Distinktionstheoretisches: Denn zitieren heißt loben, Existenz zusprechen. Nur wenige Zitationen sind kritisch. Abzulehnendes wird zumeist „net amol ignoriert“.
Quelle: Wie sich die Wissenschaft selbst misst (Der Standard, 18.12. 99)