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odessa is waiting >> spruenge im internet

wie sind wir auf odessa gestossen?! eisenstein? hiphop? design? oder schlicht durch die unselige beschreibung eines house-events in odessa von hans nieswandt?! vielleicht alles und keines. jedenfalls war es ein aufbruch >> eine suche nach odessa durch die spruenge des internets. und wir nehmen uns vor. einmal nach odessa zu fahren. voila! 🙂

die treppe
imageodessa (eine videobildgalerie // touristisch) wurde durch eine treppe bekannt. sergeij eisenstein liess ueber die 192 stufige treppe 1925 einen kinderwagen (film-)geschichte schreiben. (>> „panzerkreuzer potemkin“ auf video, 62 min) – aber auch sonst wird odessa waermstens von den feuilletonisten empfohlen: „das klima ist so. dass Sie in einer woche so dick und gesund wie ein fass sein werden.“ (arkadij avercenko, zit. nach „neuer glanz am schwarzen meer“, ndr 2002, .doc). odessa war vor allem fuehrend als hafen fuer getreide (transithafen am schwarzen meer im 19. jhdt). heute ist der hafen auf halbmast und hat das modernste gebaeude der ukraine an seiner seite: das hotel kempinski.

Der Mann in dem Baerenkostuem hat einen Affen auf der Schulter sitzen und einen Leguan auf dem Arm. Doch schnell schiebt ihn ein anderer beiseite: Er traegt das Fell eines Schmunzelmonsters und bietet uns einen lebenden Chinchilla an. Dann kommt ein uralter, froehlicher Kosake auf uns zu stolziert, mit einem Papagei auf einer Stange.“ (hans nieswandt, auf house-besuch in odessa – fuer nieswandt ist die deribasowkaja ein platz der absurditaeten)

lexikon
nur fuer die schnell-linkerinnen jetzt schon mal ein kleines sammelbrett fuer die reise:
image // cafe Deja Vu (ausg. Deza Vju): westliche adaption der cafe/bar in odessa mit papiersets auf denen der hinweis steht: „wenn du das essen eifrig kaust. hilfst du der gesellschaft!„. die kellner sind als pioniere verkleidet und auf der toilette gibts russische zeitungen mit stalin auf den titelseiten (eben ganz wie sich das ein westlicher tourist wuenscht. das kann er dann alles auf seinem ratz-fatz baedeker abhaken – ein exaktes deja vu – eine 1A webseite in flash!)
// primorskij boulevard: „boulevard am meer“ – einer der beliebtesten plaetze in odessa; auf dem boulevard gehts auch dann gleich in das opernhaus (von wiener architekten erbaut!). wo in den pausen tee in plastikbechern, billige schokolade und eis rund gehen (vgl. berliner volksbuehnen scharm :-))
// chot-dok: so nennt sich der „hot-dog“ in odessa
// deribassovskaya: die grosse flaneurmeile (>> webcam auf die strasse, in nen shop)
// priwos (russ. anlieferung): der markt in odessa
// obsalat: beliebteste nachspeise (mit schlagsahne! die holt man sich dafuer auch im milchhaus auf dem priwos) 😉
// brynsa: hausgemachter gesalzener schafskaese. der wird auch zu tee zum fruehstueck gegessen
// sakuski: eine art vorspeisengerangel von 10 – 15 speisen in kleinen mengen
(mehr zu >> odessiter kueche)
// armut: jeder zweite in odessa lebt in armut

clubland && design
nieswandt nimmt die 192 stufen der treppe als raucher wahr: schwer. schwaermt von den glasliften des kempinski hotels und den schoenheiten der clubs in odessa (hans nieswandt, auf house-besuch in odessa). die clubs (webcam im club Amsterdam) heissen dann „fidel“, „cosmo-nova“, „aquarium“ oder „metronom“. das restaurant dejavu (s.o.) wurde von der designgruppe se7ven.by hergestellt. die auch sonst schwer was auf den kasten bringen. uebzeugend auch fakondesign in odessa – dort kann man sein bestes Bruce-3D bild hochladen und bewerten lassen. der „coffeeshop-galerie“ mit dem mauszeiger folgen. ein wenig in der dependance von falkondesign „90degrees“ oder im design project lugen – denn das auge schliesst immer mit.

cyberpunk und hip-hop
wenn wir russisch lesen koennten. waeren wir froehlich bezwingend auf den cyberpunk losgeklickt (vielleicht kann ja jemand ein wenig uebersetzen?!) – dasselbe problem stellt sich dann auch mit dem hip-hop. aber da ist ja die musik transparenter. also hier ohne textgewaehr ein paar links zu hip-hop gruppen in odessa:
– DIE hiphopseite schlechthin: hiphop.odessa.ua (leider sind die links der mp3 sektion derzeit inaktiv…aber das radio laeuft)
– hier ein paar beispiele: [1″> – [2″> – [3″> – [4″> – [5″>
– wirklich soundmaessig abgefahren sind die odessiter gruppe „teach killaz„: [1″> (unser absoluter favorit!)

gegen den kabakov-effekt
die ukrainische kunstszene ist frustriert vom „kabakov“-effekt im westen. sie suchen nach neuen strategien. die sich nicht auf den „export“ in den westen konzentrieren. (konstantin akinsha im gespraech)

>> alexander roitburds „odessa steps“ (video) arbeitet mit dem material von eisenstein. schneidet jedoch bilder eines roller-bladers, einem „hyrbid from Planet of Apes, a Matthew Barney satyr“ und einem violinespieler quer hinein. (er organisierte auch die ausstellung „kadinsky syndrome“. (vgl. auch den ausstellungspart „Kandinsky-Man“ (Kandiman))

image >> die kuenstlergruppe um das kunstmagazin Boiler: hier vor allem das projekt „My Friends‘ Faces“. das mit dem spruch „Rather have a 100 friends then a 100 rubles“ arbeitet. oder das konzeptuelle projekt „Office games“. das sich mit den strukturen im offiziellen foerderungszentrum des Soros Center in odessa auseinandersetzt und neue strukturen aufzeigt. (weitere infos >> CCA-Odessa)

>> schliesslich: die gruppe trickster arbeitet mit kulturellen raeumen: grafik (mond landung), animiert (z.b. stalin im space)

wir schicken jetzt einfach mal vorab eine postkarte aus odessa. warten sies nur ab! 🙂

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4 Antworten auf “odessa is waiting >> spruenge im internet”

  1. Wie wir auf Odessa gestoßen sind? Schon ĂŒber Eisenstein. Vor gut drei Jahren im Grundstudium. Das waren seine assoziativen Montagen, die ihn und die Formalisten bekannt machten. Zur PrĂŒfungsvorbereitung damals hab ich mir diesen Film – weiß nicht mehr, wie er heißt. Kann mich an die Szene erinnern, in der ein Ochse ziemlich blutig geschlachtet wird. Das war die Assoziation zur Börse udn verbranntem Kapital, glaub ich.

  2. hallo henning – also bei eisenstein bin ich nicht soooo bewandert. den von dir erwaehnten film kenne ich gar nicht. klingt ja nach kraeftigem tobak! auch ich habe den panzerkreuzer potemkin im studium gesehen (aber im hauptstudium!). 🙂 neben all dem baudrillard und adorno texten war das schon mal was andres!

  3. Na, das ist ja mal ein ungewoehnlicher Odessa-Report 😉
    Gratuliere zur gelungenen Recherchenarbeit. Ganz so abgehoben wie im Report scheint Odessa denn nun doch nicht zu sein. Der „westliche“ Einfluss ist unverkennbar auf dem Vormarsch. Wie ueberall in der Ukraine. Die rot gefaerbten kulturellen Sprenkel jedoch verleihen der hiesigen Kultur und auch immer noch dem Alltagsleben in der Ukraine den ganz besonderen Reiz. Dieser Reiz loest sich langsam aber sicher in einem westlichen Mainstream auf. Man mag es oder nicht. Sobald allerdings der Reiz des Unbekannten und Neuen verflogen ist, tritt die Realitaet bisweilen brutal ins Gesichtsfeld. Der Hinweis im Report „jeder Zweite in Odessa lebt in Armut“ koennte eine Wunschvorstellung eines Grossteils der odessaer Bevoelkerung sein. Es ist schlicht noch viel schlimmer.
    Aber kulturell geht dann doch etliches auch in Odessa ab. Als kulturell wirkender „Auslaender“ in diesem Land (www.artliga.org) „erlebe“ ich es taeglich , dass die Ukraine, und Odessa gehoert eben nun mal dazu, ein kulturelles Puzzle ist. Mit viel Muehe und entsprechender Ausdauer kann man ein Bild der ukrainischen Kulturszene zusammensetzen, das jedoch bei aller Anstrengung nie vollstaendig sein wird. Gluecklicherweise.
    Ein Warnhinweis und eine Klischeebestaetigung an kuenftige Odessa- und allgemein Ukrainereisende: Das Wandern abseits der touristischen Routen und kommerziellen Augenwischereien sollte tunlichst vermieden werden. Manchmal lebt es sich doch angenehmer und vorallem sicherer in einer kuenstlichen Traumwelt.

  4. hallo daniel –
    danke. wir dachten schon gar nicht mehr daran. dass der odessa bericht irgendjemand noch interessieren koennte. 🙂

    da das hier ja ein weblog ist. legten wir natuerlich mehr wert auf quellen. die im internet zu finden sind. als auf externe quellen. daher mag auch das etwas „schraege“ bild des berichts kommen.

    wir finden diese „virtuellen“ reisen durchaus sehr spannend. wenngleich die resonanz hier mager bleibt. recherchen in so „fernen“ gefilden scheitern meisthin sofort an der sprachlichen grenze. da bleibt dann nur. was ins englische uebersetzt ins netz gestellt wurde.

    der westliche mainstream erfasste ja auch bereits resteuropa. 🙂 aber wir wagen zu hoffen. dass sich „regionale“ besonderheiten doch erhalten.

    uns war wichtig. auch auf die bedingungen hinzuweisen. unter denen sehr interessante kunst- und kulturprojekte dort erarbeitet werden – vor allem die armut. danke fuer den hinweis. dass die bedingungen weit schlimmer sind als im internet recherchierbar.

    vielleicht reisen wir doch einmal auf den „sicheren“ traumpfaden durch odessa. wer weiss.

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