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Köln: Was von Calderóns Text übrig blieb …

Ich gehe bald nicht mehr ins Theater in Köln. Heute in der Pause gegangen aus Das Leben ist ein Traum (Was sonst). Ich kenne zwar Pedro Calderón de la Barca nicht gut, aber das wird sich ändern. Nicht mal eine Aufführung wie die heute kann einen guten Text derart kaputt inszenieren. Und wie immer die Kritiken derart hymnisch, dass man bald – ähnlich wie im Feuilleton – annehmen muss, auch die Theaterkritik ist am Ende.

Mit seinem Bühnenbildner Franz Koppendorfer hat Jürgen Kruse eine Szenerie entworfen, deren explodierender Überfülle die Wahrnehmung an dem sehr langen Abend nicht vollständig Herr werden kann.

Quelle: Kölner Stadtanzeiger, 20.06.10


Klar war das Bühnenbild und die eingespielten Musiksequenzen auf ihre Weise ganz opulent, aber wenn keiner den Text von Calderón spielen kann, nutzt der ganze Rahmen nichts. Das habe ich hier in Köln schon öfter erlebt, dass die Texte wie runtergelesen wirken. Angeblich laut Stadtanzeiger ist das bei diesem Stück Methode:

wie ferngesteuert pressen die Schauspieler ihre Monologe heraus, verdrehen die Syntax und betonen extra falsch – Herausforderungen, die das gesamte Ensemble mit lässiger Attitüde und großem Einsatz meistert.

Quelle: Kölner Stadtanzeiger, 20.06.10

Ich werde den Orginaltext mal nachschlagen, ob da wirklich soviel verdreht und extra falsch betont wurde. Und extra als Methode muss halt auch sitzen und im Gesamtrahmen passen. Und ist auch ein experimentelles Verfahren mit einem Text umzugehen – das geht nicht immer auf und da gehört eine gute Portion Sprachgefühl dazu. Wer etwas verdreht, muss sich zuerst mit dem Orginal beschäftigt haben. Den Eindruck hatte ich jedoch nicht.

Der Trailer des Kölner Schauspielhauses zum Stück verfälscht das ganze eher, weil er die Szenen schnell verschneidet, aber gerade bei den langen Textpassagen – den Solo-Sequenzen – merkt man, wie schlecht der Text rüberkommt.

Schade.

Sehr schön auch die Kritik von kulturnation.de: Tag des ungesehenen Theaterstücks.

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