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hollaendische malerei :: als massenmedium begreifen

Man wird die holländische Malerei als eine Art Fotografie begreifen müssen. Jeder fünfte Holländer stand im siebzehnten Jahrhundert vor einer Staffelei. Es soll mehr als eine Million Genrebilder geben. Wie im zwanzigsten Jahrhundert das Massenmedium Fotografie genutzt wurde, um die engste Umgebung darzustellen, um Aufnahmen zu machen von Dingen, die unterhalb der Ebene öffentlicher Wahrnehmung lagen, so haben die Holländer damals die Malerei genutzt als Gelegenheit zur massenhaften Selbstdarstellung. Auch sie schreckten nicht zurück vor der Zote, der Verleumdung oder auch der langweiligen Belanglosigkeit. Wir erblicken beim Gang durch die Ausstellung eine Gesellschaft, die der unseren in ihrem Exhibitionismus, in ihrer scheinbar vorbehaltlosen Lust der Thematisierung von allem und jedem so sehr ähnelt, dass wir uns wundern, wie diese Gesellschaft hat enden können. So wird die Ausstellung – wider Willen – zu einem memento mori für unsere eigene Big-Brother-Kultur.

die gesellschaft des spektakels – hollaendische malerei des 17. jahrhunderts in frankfurt (berliner zeitung, 09.04.05)

… die ausstellung „der zauber des alltaeglichen“ im staedelmuseum in frankfurt (noch bis 1.5. 05)
… ein audiobeitrag zu vermeers „briefschreiberin in gelb“ (1666) (staedelmuseum, mp3)

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