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der hauptberuf schriftsteller (2)

(3) bov, die literarischen institute und der zeitgeist

sicherlich unterliegt die frage ueber sinn und unsinn (wir wuerden das durch das argument „funktion“ ersetzen wollen) von (literarischen) instituten dem „zeitgeist“ und der integration in den literaturmarkt. wie auch sonst? sonst wuerde man sich doch der illusion eines „elfenbeinturms“ wieder bedienen. der man doch gerade zu entkommen suchte?! und dass sich der literaturbetrieb mit institutionen via feuilleton etc. beschaeftigt. ist doch notwendig. schliesslich speist er sich auch aus solchen instituten und speist seine bekanntesten vertreter dort hinein.

dass die produktion/produktivitaet der literarischen institute bewertet und auf eine gewisse haeufigkeit in stil und thema abgeklopft wird. erscheint uns ganz selbstverstaendlich.

es erscheint uns – pardon – schon etwas blauaeugig von ihnen. einerseits genau die probleme im aktuellen literaturbetrieb zu benennen (judith hermann stil, einheitsrezensionierung, einheitliche erwartungshaltung beim publikum) und andererseits keine verbindung zum output von literarischen schulen/institutionen zu vermuten.

auch wenn wir die meisten der aktuellen debuets nicht wirklich lesen – meisthin nur anlesen. weil wir auf einem viel spezielleren teilfeld aktiv sind. nehmen auch wir eine gewisse „fadess“ des stils wahr. wir haben hier nicht die zeitlichen und fachlichen mittel. um stilanalysen anzuschliessen. aber stimmen helmut boettigers anwurf durchaus zu. auch wenn wir seiner polemik in gaenze nicht immer zustimmen:

So können Texte entstehen, die ziemlich schnell aussehen, als ob sie gut gemacht seien. Sie wirken nie direkt peinlich. Deswegen probt man in Schreibwerkstätten am effektivsten den Raymond Carver/Judith Hermann-Stil, egal, ob man angewandte Kultur an der Universität Hildesheim studiert oder am Literaturinstitut in Leipzig. Die Absolventen dieser Kurse können alle ganz gut schreiben, und sie machen nichts falsch. Dass sie meistens gar keinen Stoff haben, fällt zunächst nicht auf.

und immer wird gerade jemand anders gekuesst – helmut boettiger (sueddeutsche)


ob und wie weit diese „vereinheitlichung“ des stils mit der institutionalisierung von literatur und autor zu tun haben koennte. bleibt abzuwarten.

sicherlich haben sie recht. die schreibschulen unterscheiden sich erheblich. die wiener schule fuer dichtung ist eher dem lautpoetischen, nachavantgardistischen verpflichtet. agiert in ihrem segment jedoch auch mit den ueblichen „verdaechtigen“. hier stellt sich noch die zusatzfrage: ist avantgarde schulbar? ist das nicht ein widerspruch in sich. auch – wie sie ansprechen – ist betriebskritik schulbar? womoeglich auch das. im zeitalter der dekonstruktion.

(4) bov fragt. welche schreibschule wir befuerworten wuerden

tja. wir wuerden sagen. dass das jede/r fuer sich selbst entscheiden sollte. das „leben“ als schreibschule?! hm. irgendwie ist es das ja immer. aber wir wuerden sagen. wenn man schreiben/kreativ arbeiten will. dann macht man das einfach. da muss dann keine schule dabei sein. 🙂

was wir auf dauer brauchen ist ein inhaltlicher/konzeptioneller zusammenhang. wie der hergestellt wird. ist dann sekundaer. sowas kann sicherlich auch eine schreibschule herstellen.

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4 Antworten auf “der hauptberuf schriftsteller (2)”

  1. Nunja. Hat was von beiden, finde ich. Moden: auf ner „Schreibschule“ war ich nicht, hab nur mal so drei autorenunterstützte Schreibseminare mitgemacht, ist auch ewig her. Fand das jedenfalls sehr hilfreich, und nein, Schreiben als Beruf wurde es dann nicht. Mode damals übrigens: Bernhard (damals z. b. klagenfurtgekrönt,: Vanderbekes Muschelessen, sehr guter text nebenher).

    Dann halt das mit Pop usw. und Herrmann ist ja auch längst out. Trotzdem kann ich Herrmannsounds immer noch gut finden, sicher gibt es gute Poptexte (man nehme beispielsweise Thorsten Krämer, der leider gar nicht den Erfolg hatte, den ich ihm gewünscht hätte). Letztlich zählt der Text, immer noch.

    Das Institutionen das verstärken, geschenkt, das liegt wohl schon daran, dass die Autoren, die dann beisammensitzen, sich gegenseitig beeinflussen werden, gruppendynamisches. Jedenfalls, und das ist wohl Bovs Kritik, der ich mich dann auch voll anschließe: Genauso grauslig ist der Genialitätswahn, dass Schreiben nichts mit Handwerk / Lernbarem zu tun hätte. (Soweit geht ihr nicht, aber es klingt an).

    Man muss das ja nur mal mit der bildenden Kunst oder Theater vergleichen, da findet niemand was an Akademien, aber in der Literatur wird sehr oft darüber im Feuilleton genölt. Eher würde ich ja kritisieren, dass Leipzig als Solitut wahrgenommen wird, und man sich durchaus noch mehr Schreibschulen, die auch Aufmerksamkeit erfahren, wünschen könnte.

    Sonst nur als Verweis: vgl. Creative-Writingkultur in USA, und dieselben, die das obige annölen, preisen ja gern die Lebensnähe, Kraft usw. amerikanischer Literatur, die ohne die instutionelle Tradition schon eingeschränkte Wirkkraft hätte, bin ich mir sicher (und zwar, weil da einige, die schreiben, es sonst nicht begonnen oder fortgesetzt hätten).

    Man wird halt solche und solche Beispiele finden, ist dann auch wie bei anderen Künsten, ob das einen was bringt, hängt auch von der Person selbst ab.

  2. >> (Soweit geht ihr nicht, aber es klingt an).

    beziehen sie das nun auf uns? wenn ja. haben wir jemals hier von genialitaet gesprochen? natuerlich ist schreiben/text lernbar – ob man das nun auf seine eigene kappe. in der gruppenattacke oder auf ner schule macht?!

    reden wir hier gegen jegliche windmuehlen?

  3. Deswegen habe ich ja auch nur von anklingen gesprochen, ob nun intendiert oder nicht. Dagegen: was spricht jetzt nochmal gleich dagegen, dass man institutionen dafür anbietet?

  4. auch wenn wir uns nun wiederholen. beeenden wir jetzt diese fuer uns redundante diskussion:

    es ist uns ueber die jahre schon aufgefallen. dass sich kaum jemand mehr mit institutionen und deren strukturellen implikationen auseinandersetzt. und wenn ja. dann nicht zwingend als auseinandersetzung der eigenen verwobenheit mit institutionellem. das scheint ein relikt aus vergangenem zu sein. irgendwie sind wir wohl auch philosophisch darin steckengeblieben und lesen auch heute noch diskurse unter dieser maxime.

    wir sprechen hier nicht vom einzelfall (das mag jeder selbst entscheiden). sondern von strukturen.

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