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bestandsaufnahme :: poesie in zeiten der massenproduktion von windeln

nun doch das gesamte 10-punkte-programm von michael lentz zur lage der poesie auf der FAZ online (gestern wohl nicht?!). die bestandsaufnahme ist in vielen bereichen zutreffend. gefaellt sich nur manchmal zu sehr. seis drum.

Was – auf der anderen Seite – wollen die Neukonservativen? Besonders in den jüngeren Jahrgängen herrscht eine Ich-mach-jetzt-mal-eine-Inventur-meines-unmittelbaren-Wohnzimmers-Mentalität, gepaart mit einem sachten Blick über den angrenzenden See. Es herrscht das Stilleben. Melancholie rechtfertigt sich allein schon aus dem Befund, daß die eigene Windel ein Massenprodukt ist. Manche Erzeugnisse lesen sich so, als habe die jüngere und jüngste Generation den Zweiten Weltkrieg selbst erlebt oder als trete man an, die Archive der Großväter zu korrigieren. Die mittlere Generation meißelt wieder in Stein. Sprachlich herrscht Befriedung. Der anvisierte Genus grande, der hochgetriebene Tonfall täuscht Kumpanei mit der Antike vor, kann aber nur mühsam Snobismus kaschieren. Eine hochgekonnte Abwendung vom Hier und Jetzt. Blasebalg und Totenmaske.

Windstille in Dunkelland — michael lentz (FAZ, 03.01.05)

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